Ulli fragt… #8 – Cornelia Glink | hundumFAIR und hundumAGIL Augsburg

von Ulrike Seumel

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Die Gesundheit des Hundes spielt eine große Rolle im Training – wenn du möchtest, dass dein Hund dir Aufmerksamkeit schenkt, deine Signale umsetzt und sich freundlich verhält, muss es ihm gut gehen. Schmerzen und Unwohlsein machen dir da schnell einen Strich durch die Rechnung. Deshalb habe ich heute eine Expertin im Interview, die nicht nur eine erstklassige Hundetrainerin ist, sondern auch schon seit über zehn Jahren ihre eigene Praxis führt und Hunde physiotherapeutisch und osteopathisch behandelt. Und da ihre Hände schon mal Paco geholfen haben, weiß ich, dass sie einen verdammt guten Job macht.

Hallo Conny! Ich freue mich, dass du heute hier dabei bist und ich dir ein paar Fragen stellen darf.

Bitte stelle dich meinen Leser*innen zu Beginn kurz vor.

Hallo Ulli, es freut mich, dass ich dabei sein darf. Ich absolvierte 2004/2005 die Ausbildung zur Hundephysiotherapeutin nach Blümchen/Woßlick und im Anschluss daran 2010/2011 die Ausbildung zur Hundeosteopathin nach Gräff. Seit 2005 bin ich selbständig in meiner eigenen Praxis in 86424 Dinkelscherben (Raum Augsburg und Günzburg) und mit meiner Hundeschule hundumFAIR bin ich als Trainerin im Cumcane-Netzwerk aktiv.

Du vereinst ja alles in einem – Hundetraining, Physiotherapie und Osteopathie. Wie nutzt du deine Kenntnisse aus dem Hundetraining für die Behandlung von vierbeinigen Patienten?

Eine osteopathische Untersuchung und Behandlung ist immer mit gezieltem Anfassen verbunden. Das ist gerade für Hunde, die schon die ein oder andere schlechte Erfahrung mit Tierärzt*innen, Festhalten und “da-durch-müssen” gemacht haben, keine leichte Aufgabe. Schließlich wird durch die Handgriffe bei der Untersuchung die Individualdistanz stark eingeschränkt und der Hund hat ja noch gar keine Vorstellung davon, was denn genau mit ihm und an ihm passiert.

Und natürlich ist auch die Hundehalter*in gerade beim ersten Besuch in der Praxis recht angespannt: auch sie weiß nicht, was passieren wird, welche Beschwerden wohl noch “ans Tageslicht” kommen werden, ob dem geliebten Vierbeiner vielleicht Schmerzen zugefügt werden u.v.m..

Und manchmal steht da natürlich auch eine Erwartungshaltung im Raum, der Hund solle sich jetzt mal benehmen, ruhig sein und ordentlich behandeln lassen nach dem Motto “Da muss er jetzt halt durch!”.

Ich versuche daher – wie auch im Hundetraining – die Hundehalter*in für die Bedürfnisse ihres Hundes zu sensibilisieren und gehe auch in der Behandlung genauso kleinschrittig vor.

Was heißt kleinschrittig? Hierzu vielleicht ein kurzes Beispiel:

Bei der sog. “osteopathischen Stellungsdiagnostik” taste ich 7 Halswirbel, 13 Brustwirbel, 7 Lendenwirbel sowie Becken und Kreuzbein nacheinander ab und untersuche diese auf Blockaden.

Lernt der Hund, dass nach einem kurzen Anfassen gleich etwas Gutes kommt (tolle Leckerchen wirken da oft Wunder!) und er auch jederzeit das Recht hat, sich eine Auszeit zu nehmen, kommt man meist genauso rasch zum Ziel, als wenn darauf bestanden wird, die komplette Wirbelsäule in einem Stück zu untersuchen. Und der Pluspunkt: Es ist auch noch viel entspannter. 🙂

Kleinschrittig bedeutet also nicht zwangsläufig langsamer!

Wie finden Hundehalter*innen eine gute Physiotherapeut*in oder Osteopath*in für ihren Hund? Worauf sollten sie bei der Auswahl achten?

Das Berufsbild der Tierphysiotherapeut*in/-Osteopath*in ist kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf. Dementsprechend gibt es in den einzelnen Ausbildungsinstituten auch enorme Unterschiede hinsichtlich Dauer und Qualität der Ausbildung. Theoretisch kann sich jede also Tierphysiotherapeut*in/-Osteopath*in nennen – egal, ob sie nur einen Wochenend-Workshop, ein online-basiertes Fernstudium ohne jeglichen Praxisteil oder eine intensive monatelange Ausbildung mit mehreren intensiven Praxiswochen absolviert hat.

Meist kannst du schon auf der Homepage lesen, wann und wo die Ausbildung stattgefunden hat. Auch regelmäßige Fortbildungen sollten nicht fehlen. Findest du keine Informationen darüber, scheue dich nicht, deswegen genauer nachzufragen.

Hier noch weitere Punkte, auf die du achten solltest:

Eine gute Hundephysiotherapeut*in/-Osteopath*in

  • soll dir auf deine Fragen klare und verständliche Antworten geben können. Krankheitsbilder und deren Zusammenhänge soll sie dir nachvollziehbar erklären können (z.B. Warum humpelt mein Hund vorne, wenn er doch ein Hüftproblem hat?).
  • muss ein gutes Gespür für Hunde haben. Auch du selbst solltest dich dort wohl, ernstgenommen und kompetent beraten fühlen.
  • darf deinen Hund niemals mit Druck und Zwang behandeln. Grobes Festhalten, wenn dein Hund zappelt und weg will, ist ein No-Go!
  • Hausaufgaben sind eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung. Eine gute Hundephysiotherapeut*in/-Osteopath*in zeigt dir gerne Möglichkeiten auf, wie du deinen Vierbeiner auch daheim unterstützen kannst und erklärt dir diese Aufgaben ausführlich. Das können z.B. aktive Bewegungsübungen, bestimmte Massagegriffe, Wärmetherapie o.ä. sein.

Was sollte beim ersten Besuch beachtet werden, damit eine gute Zusammenarbeit möglich ist und der Hund sich gut behandeln lässt?

Der erste Besuch beinhaltet immer auch eine Gangbildanalyse. Hier beobachte ich den Hund in der Bewegung, um später gezielter nach Problemen im Bewegungsapparat suchen zu können. Diese Gangbildanalyse findet draußen statt und ist eine gute Gelegenheit, dass der Hund mich unbefangener kennenlernt. Und während ich anschließend mit den Hundehalter*innen den Fragebogen durchgehe, kann der Vierbeiner dann in aller Ruhe die Praxis erkunden und sich mit der Umgebung vertraut machen.

Wenn es dann an die eigentliche Untersuchung und Behandlung geht, steht eines ganz klar im Vordergrund: Der Hund hat die Kontrolle darüber, was mit ihm geschieht! Wenn er weggeht, ist das okay. Ich halte ihn nicht fest, sondern lasse ihn erst einmal auf Abstand gehen. Ich gehe darauf ein, wenn er signalisiert, dass er sich unwohl fühlt und taste dann z.B. erst einmal woanders ab. Und ich bestehe nicht auf Sitz/Platz/Steh – der Hund hat die Wahl und ich als Therapeutin muss mich anpassen, wie ich ihn dann in der Position am besten behandeln kann. Manchmal kann das dann auch einer Yoga-Übung recht ähnlich sehen. 🙂

Die meisten Hunde behandle ich übrigens auf dem Boden und nicht auf dem Behandlungstisch.

Auch das gibt den meisten Hunden ein besseres Gefühl, als auf einem Tisch zu stehen, von dem man schlecht herunter kann.

Durch all das erreiche ich, dass die Fellnase sich schnell und vertrauensvoll auf die Behandlung einlassen kann.

Gibt es Übungen oder Tipps von dir, wie ich als Hundehalterin meinen Hund auf eine Behandlung bei der Physiotherapie oder Osteopathie vorbereiten kann?

Ja – Tricks!

Simple Tricks wie Pfote geben, Hand anstupsen, mit der Pfote auf die Schuhe patschen, Laut geben o.ä. sind die beste Möglichkeit, den Hund in eine positive Stimmung zu versetzen. Er hat in fremder Umgebung eine Aufgabe, von der er weiß, wie er sie lösen kann. (Vielleicht erinnert ihr euch noch an die Zeilen weiter oben. Das Gefühl der Kontrolle?)

Und oft kann die Therapeut*in dann in die Tricks miteinbezogen werden und ist dann schon gar nicht mehr fremd und gruselig, sondern quasi ein “Leckerli-Garant”.

Die ganz Fleißigen und Trainingsbegeisterten unter euch können natürlich gerne – neben dem Markersignal – auch verschiedene Targets oder eine Intermediäre Brücke als Mitmach-Signal aufbauen. Toll ist es auch, wenn der Hund sich auf Signal auf die Seite legen kann.

Ein vorheriges Maulkorbtraining ist bei Hunden empfehlenswert, die starke Schmerzen haben und/oder bei der Tierärzt*in oder generell bei fremden Menschen die Erfahrung gemacht haben, dass Schnappen auch eine Möglichkeit ist, sich die nötige Distanz zu verschaffen.

Die meisten Hunde, die eine Behandlung bei dir brauchen, kommen mit Schmerzen. Wie groß ist der Einfluss von Schmerzen auf den Hund? Worauf achtest du besonders im Umgang mit diesen Hunden?

Der Einfluss von Schmerzen auf den Hund ist sehr groß.

Leider wird das häufig unterschätzt, da sich Schmerzen beim Hund für uns nicht so offensichtlich bemerkbar machen, wie wir das vielleicht gerne hätten. Die typischen Aussagen wie “der wird halt älter”, “er trödelt immer”, “heute ist er aber grummelig”, sollten immer auch auf Schmerzen als Ursache hin überprüft werden.

Worauf ich bei Hunden mit Schmerzen besonders achte:

  • ich kläre die Hundehalter*in über Schmerzen auf.
  • Woran kann sie erkennen, dass ihr Hund möglicherweise Schmerzen hat?
  • Zudem zeige ich alternative Möglichkeiten einer Schmerztherapie auf, betone aber auch die Wichtigkeit einer guten Schmerzmedikation. Von einer Tierärzt*in verordnete Schmerzmittel sollten nicht “nach Gefühl” abgesetzt, in der Dosis halbiert oder nur sporadisch gegeben werden. All das erlebe ich leider immer wieder.
  • Bei der Behandlung eines Schmerzpatienten achte ich noch intensiver auf seine Körpersprache.
  • Und natürlich gilt auch hier: der Hund darf nein sagen!

 

Conny, vielen Dank für deine Zeit und den Einblick in deine Arbeit. Ich freue mich für alle vierbeinigen Patienten, die bei dir in Behandlung sind. 🙂

 

Cornelia Glink absolvierte 2004/2005 die Ausbildung zur Hundephysiotherapeutin nach Blümchen/Woßlick und im Anschluss daran 2010/2011 die Ausbildung zur Hundeosteopathin nach Gräff.

Sie ist seit 2005 selbständig in ihrer eigenen Praxis hundumAGIL in Dinkelscherben (Raum Augsburg und Günzburg).

Außerdem ist sie mir ihrer Hundeschule hundumFAIR Trainerin im Cumcane-Netzwerk.

P.S. Hier findest du einen Gastartikel von Conny auf meinem Blog zum Thema – wie du deinem Hund die Krallen kürzen kannst und warum das so wichtig ist, denn viele Hunde leiden dank zu langer Krallen unter Schmerzen.

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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