Was tue ich, wenn ein Hund schlecht behandelt wird

von Ulrike Seumel

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Ich habe euch auf Facebook gefragt, zu welchen Themen ihr euch Artikel von mir wünscht. Eine Frage war dabei, die laut Fragestellerin gar nicht so viel mit Erziehung zu tun hat. Sie wollte wissen, wie ich damit umgehe, wenn andere Hundebesitzer*innen nicht nett mit ihren Hunden umgehen, also Leinenruck, anschreien oder eben andere Sachen. Weil es der Fragestellerin jedes Mal das Herz bricht. Und sie wollte wissen, wie ich damit umgehe.

Ich musste am Sonntag daran denken, als ich in Berlin unterwegs war und vor mir lief auf dem Bürgersteig eine Frau mit ihrem Hund. Der Hund lief ohne Leine und hatte so Brot- oder Brötchenkrümel gefunden und fing an, die zu fressen. Das hat die Frau dann ungefähr 15 Sekunden später auch bemerkt und fing an, laut zu rufen, wurde lauter und ist mit ganz kleinen Schritten auf den Hund zugerannt. Der Hund hat dann auch aufgehört, sich etwas zur Seite gelehnt und sie hat ihn dann mitgenommen.

Ich empfand das als sehr unangenehm, weil es für die Frau peinlich war und ich weiß halt auch, dass es anders gehen würde. Mal abgesehen davon, dass es eh schon zu spät war, der Hund hatte das meiste ja eh schon gegessen. Das heißt, ich weiß also, dass es andere Möglichkeiten geben würde, die sogar sicherer wären als diese Variante. Und da musste ich an die Frage denken, was ich dabei tue, denn ich dem Fall hab ich nämlich gar nichts getan, weil ich es auch gar nicht für notwendig hielt.

Deshalb möchte ich dir jetzt drei Dinge mitgeben, was ich tue und warum ich das so tue.

1. Eingreifen

Eine Sache, die du natürlich immer tun kannst, ist einzugreifen. Du kannst immer etwas sagen. Manchmal musst du es vielleicht auch, wenn es notwendig ist, wie z.B. bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz.

Lesetipp: Ratgeber Tierschutzbüro

Ich würde so vorgehen, wie es dort beschrieben wird: Wenn ich es wahrnehmen würde, dass einem Tier (Hund, Katze oder Wildtier, ganz egal) Schmerz zugefügt wird, würde ich es mit meinem Smartphone dokumentieren. Denn man muss es dokumentieren, damit man es dann dem Veterinäramt weitergeben kann. Denn sonst kann das Amt nicht tätig werden. Das kannst du natürlich tun: Es dokumentieren und melden.

Tatsächlich musste ich das zum Glück noch nie tun! Denn ich bin noch nie in eine solche Situation gekommen. Worüber ich wirklich sehr froh bin. Es gab zwar oft Situationen, in denen ich anders gehandelt hätte und ich ein Verhalten von jemandem nicht gut fand, aber ich musste zum Glück noch keine brutale Gewalt beobachten.

Du kannst diese Menschen natürlich ansprechen. Die Frage ist nur: Wie sprichst du diese Menschen an?

Mit Anschreiben und Beleidigungen kommst du hier sicher nicht so weit. Bleib klar und deutlich, sag Stopp und gib deine Beobachtung wieder.

Wenn du dem Menschen zurufst: “Stopp! Sie sind ein böser Tierquäler, hören Sie auf damit, Sie Arschloch!”, wirst du nicht erreichen, dass er anfängt zu denken: “Ah stimmt, das was ich hier tue, war echt falsch.” Ein Mensch, der sowas tut, ist vermutlich sehr wütend und frustriert. Und wenn du dann auch noch wütend wirst, kann es sein, dass du die Situation für alle Beteiligten nur noch schlimmer machst und dich selbst in Gefahr bringst. Deshalb solltest du besonnen sein und kurz nachdenken, was du jetzt am besten tust. Denn sonst wird mehr, als dass du die diesen Menschen kurz unterbrichst, leider nicht passieren.

Such dir am besten auch noch einen anderen Menschen, der das beobachtet und mit dir zusammen bestimmt, aber freundlich einschreitet.

Das solltest du natürlich auch in jeder anderen Situation so machen. Du musst immer situativ entscheiden, was du tust, wie du auftrittst und was für dich ungefährlich ist.

2. Trenne zwischen Verhalten und Mensch: Verhalten doof – Mensch nicht

Ich habe gerade gesagt, dass Anschuldigungen doof sind. Ich mache im Moment eine Coachingausbildung, dabei geht es um die Arbeit mit Menschen. Es hat nichts mit dem Thema Hund zu tun, aber es gibt viele Sachen, die ich schon aus dem Hundetraining kenne. Es ist eine NLP-Ausbildung und das NLP (Neurolinguistisches Programmieren) hat ein paar grundlegende Einstellungen bzw. Annahmen, die diesem NLP zugrunde liegen.

u.a.:

  • Jedes menschliche Verhalten ergibt einen Sinn für diese Person, die dieses Verhalten gerade zeigt, wenn es im Kontext der „geistigen Landkarte“ der betreffenden Person gesehen wird. Die Schwierigkeit besteht in der Regel nicht darin, dass Menschen die falsche Wahl treffen, sondern dass ihnen nicht genügend Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen – sie haben kein vielseitig orientiertes Bild der Welt.
  • Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht, auch wenn es in einem bestimmten Rahmen unpassend ist oder so erscheint. Jedes Verhalten ist in irgendeinem Kontext nützlich.

Über diese Sachen kann man nachdenken und lange diskutieren. Für mich ist das sehr hilfreich. Wenn du bei diesen Grundannahmen nicht mitgehen kannst, wird eine Auseinandersetzung mit dem Menschen schwierig werden. Weil du den Menschen nicht von seinem Verhalten trennen kannst. Dieser Mensch ist dann scheiße, nicht sein Verhalten. Und eigentlich ist das Verhalten, das er da gerade gegenüber seinem Hund zeigt, nicht in Ordnung. Aber das kannst du nicht trennen, wenn du dich nicht wertschätzend mit diesem Menschen auseinander setzen kannst. Wenn dein Wunsch, eine Verhaltensveränderung bei einem Menschen ist, dann wird es ohne Wertschätzung nicht gehen. Das ist, da wir wütend werden, wenn wir emotional auf etwas reagieren, was wir ungerecht finden, äußerst schwer. Deshalb sollten wir immer erstmal einen Schritt zurückgehen, durchatmen und vielleicht auch mal über solche Sachen wie die Grundannahmen, die man für sich ja gar nicht annehmen muss, einfach mal ein paar Gedanken machen.

Ich habe meine Missionierungszeit hinter mir – nach zehn Jahren als Veganerin und auch nach acht Jahren als Hundehalterin. Gerade wir Hundehalter*innen kennen die ganze Szene und wissen, dass Missionieren manchmal nicht so hilfreich ist. Wir wissen, wie vertrackt manchmal Diskussionen untereinander sind und dass es bestimmte Glaubenskriege gibt und wir oft die Menschen gar nicht so leicht überzeugen können von den Sachen, die wir für richtig halten. Und ich hatte damals kein humanistisches und wertschätzendes Menschenbild. Ich war in Hundeforen sehr aktiv und habe mir da die Zähne ausgebissen… Ich war zwar immer recht nett und wusste, dass ich den Menschen erreichen muss, aber ich finde, dass ich heute viel mehr erreiche. Ich finde, dass ich jetzt viel mehr Menschen inspirieren, erreichen und helfen kann, weil ich jetzt sehr viel wertschätzender auch mit Menschen umgehen kann, die Dinge mit ihrem Hund anders als ich machen. Denn ich weiß auch, dass jede*r seine Zeit braucht. Und dass meine Ansichten nicht perfekt und die einzig wahren sind.

Wenn wir andere Menschen inspirieren wollen, sollten wir ein gutes Beispiel sein. Wir sollten die Werte vorleben und damit auch zum Vorbild werden. Die Dinge machen ja nicht Halt bei den Hunden und hören da auf, diese Sachen gelten genauso für andere Tiere und auch für Menschen. Es geht nicht darum, dass ihr dann immer die richtige Entscheidung trefft und gottgleich alles perfekt macht. Denn was ist schon richtig und was ist falsch? Das bestimmt ja auch nur unsere eigene Realität. Früher habe ich meine Meinung anders gesagt, hab auch nicht akzeptieren können, dass das Leute vielleicht anders machen und war auch gar nicht wertschätzend im Umgang mit diesen Menschen, aber ich hab das mittlerweile reflektieren können und mache das jetzt anders. Ich bin nicht böse auf mich, dass das damals so war, das war meine Entwicklung und die gehört einfach dazu, denn man fällt ja nicht als oberklug vom Himmel und das bin ich wahrscheinlich auch jetzt noch nicht ;), sondern ich weiß: Okay, ich mache es jetzt anders. Ob das besser oder schlechter ist, könnt ihr selbst beurteilen. Aber ich mache es so, wie es sich für mich stimmiger anfühlt und ich merke, dass die Sachen viel besser ankommen.

Du solltest, wenn du oft Menschen siehst, die mit ihren Hunden nicht so umgehen, wie du das möchtest und dich dann in diesen Situationen nicht gut fühlst, vielleicht darüber nachdenken. Denn es kann sein, dass es dir Kraft gibt, anders mit der Situation umzugehen und anders auf diese Menschen zuzugehen.

Denn wenn du denen etwas Gutes mitgeben kannst, ohne sie missionieren zu wollen, werden sie eigentlich ganz oft dankbar und offen dafür sein, wenn ihre Zeit dafür gekommen ist.

3. Selbstfürsorge

Der Punkt ist ebenfalls ganz wichtig für dieses Thema. Nur wenn es dir gut geht, kannst du dich um andere kümmern und etwas zurückgeben. Das heißt, wir müssen – ich muss, du solltest – auf dich selbst Acht geben und auf dich achten.

Wenn du nichts mehr geben kannst, weil du keine Kraft mehr hast und es dir nicht gut geht, wirst du auch kein Vorbild sein können. Du wirst deine Werte, die dir wichtig sind, nicht leben können und du wirst bei den kleinsten Sachen, die dich stressen und dir ein schlechtes Gefühl geben, vielleicht sogar schon fast zusammenbrechen.

Das heißt, du brauchst eine gute Resilienz, also eine gute Widerstandsfähigkeit gegen Stress. Und deshalb solltest du darauf achten: Was tut dir gut? Was hilft dir, deine Akkus wieder aufzuladen? Was hilft dir, deine Energielevel wieder nach oben zu bringen und oben zu halten?

Das bedeutet nicht, dass dir alles egal sein soll, was um dich herum passiert, sondern dass du schaust: Wie oft kann ich mich mit solchen Dingen auseinandersetzen, wie oft gehe ich jetzt auf die Hundewiese mit meinem Hund, obwohl mich das Verhalten der anderen Hundehalter*innen stört und mich runterzieht? Dann solltest du darauf achten, dass du dort nicht so viel Zeit verbringst. Das heißt, du musst wissen: Wie viel kannst du dir zumuten? Und du solltest wissen, wie du dich, auch wenn du dir diese Sachen zugemutet hast, wieder aufladen kannst.

Ich persönlich schaue mir nicht jeden Tag Bilder von Tierversuchen, aus Schlachthäusern oder die Folge xy von Cesar Milan an. Ich muss mir das nicht angucken, um zu wissen, was dort passiert. Es tut mir nicht gut. Ich möchte mich nicht auf das Problem fokussieren, denn das macht mich eher regungslos. Ich möchte mich auf Lösungen konzentrieren. Weil ich nicht traurig und energielos sein möchte, sondern Energie haben will. Ich möchte mich gut fühlen, damit ich dann diese Energie, die ich habe, wieder in eine Veränderung stecken kann und so etwas verändern kann. Ich denke, wir sollten nicht gegen etwas sein, sondern für etwas. Und dann muss ich mich mit den Sachen beschäftigen, für die ich bin und stehe. Und dann werden wir in der Welt plötzlich viel mehr Dinge entdecken, die wir gut finden, weil wir unseren Fokus darauf richten. Ich muss sagen, dass ich mittlerweile so viele Hundehalter*innen treffe, die wunderbar mit ihren Hunden umgehen. Und das nicht, weil ich so tolerant bin. Ich treffe sie, weil ich meinen Fokus auf diese Menschen richte. Deswegen musste ich zum Glück auch noch nie etwas Schlimmes aufzeichnen, weil ich irgendwie, aus welchen Gründen auch immer, unbewusst solche Sachen anziehe, weil ich mich in Situationen begebe mit Menschen, die so ähnlich ticken wie ich. Bewusst und unbewusst.

Deswegen konzentriere dich auf die guten Sachen und schau, was dir gut tut. Tanke deine Akkus auf. Und überlege dir: Möchtest du dich an diesem Problem festbeißen oder möchtest du eher sagen, okay, ich konzentriere mich eher auf das, was gut ist und auf Lösungen, nehme daraus mehr Energie mit und schaffe daraus etwas Besseres? Diese Entscheidung ist nicht immer leicht, aber wir können sie immer treffen.

Zusammenfassung

  1. Entscheide, wann du eingreifen solltest. Wenn du eingreifen musst, entscheide, wie du eingreifen kannst. Kommst du öfter in solche Situationen, überlege dir einen Weg, was du tun kannst, damit es dir gut geht und du diesem Hund helfen kannst.
  2. Überlege dir, wie du einen Weg finden kannst, mit diesem Menschen, der sich in deinen Augen komplett falsch verhält, wertschätzend umzugehen.
  3. Sorge für dich selbst. Wenn du gut für dich sorgst, kann der ganze Mist ein bisschen besser an dir abprallen. Der ist dir nicht egal, aber er macht dich nicht mehr kaputt.

Tatsächlich muss ich sagen, dass ich diese Situationen gar nicht mehr oft habe. Weil ich Wege finde, wie ich auch bei den Menschen, die ich treffe, kleine Veränderungen schaffen kann, ohne diese Veränderungen überhaupt zu wollen, es passiert einfach so. Und das können viele Menschen erreichen, wenn sie sich auf das konzentrieren, was sie gerne haben wollen. Und nicht mehr dafür kämpfen, sondern offen durch diese Welt gehen.

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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