Du willst einen Hund adoptieren? – 6 Tipps VOR der Anschaffung

von Ulrike Seumel

Du möchtest einen Hund adoptieren? Dann finde ich es genial, dass du dich vorab informierst und auf diesen Artikel gestoßen bist. In diesem Text wirst du keine Informationen zur Auswahl der perfekten Zucht finden, sondern zur Auswahl eines Hundes aus dem Tierschutz oder des Tierheims (oder von Privatleuten). Tipps, die ich gebraucht hätte, bevor ich Paco aus einem spanischen Tierheim adoptiert habe.

1. Tipp – Woher soll dein neuer Hund kommen?

Zunächst solltest du klar werden, woher dein neuer Hund kommen soll. Möchtest du einem Hund aus dem Tierschutz oder Tierheim ein Zuhause geben oder soll es ein Hund aus der Zucht werden?

Falls du einem Welpen aus der Zucht ein Zuhause schenken möchtest, findest du hier eine Checkliste, was du beachten solltest. Bitte fall nicht auf Vermehrer*innen rein und such lieber etwas länger nach einem*einer passenden Züchter*in.

Podcast-Tipp: Tierschutzhund: Erwartung & Realität

2. Tipp – Was für einen Hund suchst du?

Groß, klein – langes Fell, kurzes Fell – Stehohren, Schlappohren – kurze Beine, lange Beine – wenn du gerade auf der Suche nach einem Hund bist, wirst du als erstes die Fotos ansehen. Erst danach wirst du entscheiden, welche Beschreibungstexte du liest. Ich finde, das ist vollkommen normal und Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.

Aber jede*r weiß: Aussehen ist nicht alles. Wenn dir der Hund gefällt, solltest du den Beschreibungstext genau lesen und im besten Fall den Hund kennenlernen. Wenn du weißt, welcher Rasse(n) der Hund angehört, dann informiere dich über diese Hunderasse.

Aber bitte beachte, dass Rassebeschreibungen in den meisten Fällen von Liebhaber*innen geschrieben werden und sie deshalb die Eigenschaften dieser Rasse sehr subjektiv beschreiben.

Außerdem bedeutet die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse nicht, dass jeder Hund so ist. Vielleicht entspricht das Gemüt deines Berner Sennenhundes eher der Rassebeschreibung eines Border Collies. Wenn du den ruhigen Pol für deine Großfamilie gesucht hast, wirst du vielleicht überrascht oder enttäuscht sein.

Denke immer daran: Du kaufst dir kein Auto und stellst dir das Zubehör zusammen, sondern du schenkst einem Lebewesen ein neues Zuhause.

Wenn du nach einer bestimmten Rassen suchst, muss es nicht immer der Welpe aus der Zucht sein – es gibt für jede Rasse Nothilfen, die Rassehunde vermitteln, die ihr Zuhause verloren haben.

Podcast-Tipp: Adoption von Tierschutzhunden

3. Tipp – Wie alt ist der Hund?

Lernen ist nicht abhängig vom Alter. Auch wenn der Hund schon sechs Jahre alt ist, kann er Neues lernen und ist in der Lage, in ein neues Leben zu starten.

Aber wenn der Hund schon sechs Jahre auf der Straße gelebt und dabei zusätzlich viele schlechte Erfahrungen gesammelt hat, kann der Neustart für euch schwieriger werden.

Auch ein Welpe ist kein unbeschriebenes Blatt – selbst der Zustand der Mutterhündin hat Einfluss auf die Entwicklung des Welpen im Mutterleib.

“Der Hund ist ein Produkt aus Genetik, Erfahrung und Umwelt. Nichts davon hat er sich ausgesucht.” Dr. Ute Blaschke-Berthold

Du kannst die Erfahrungen deines Welpen ab Woche X beeinflussen und die Umwelt, in der er lebt. Auf seine Genetik hast du keinen Einfluss.

Je älter der Hund ist, umso mehr Erfahrungen hat er gemacht, aber wer sagt denn, dass diese immer schlecht gewesen sein müssen? Wenn ein älterer Hund genetisch viel Gutes mitbringt und sich wohl in deiner Umwelt fühlt, spricht alles für ihn.

Junge Hunde vorzuziehen, gibt dir keine Garantie für ein reibungsloses Zusammenleben später. Welche Information dir mehr bringt, liest du im nächsten Tipp.

4.Tipp – Wie hat der Hund vorher gelebt?

Wenn du die Chance hast, Informationen darüber zu bekommen – dann hol sie dir.

  • Hat der Hund auf der Straße oder in einer Familie gelebt?
  • Warum wurde er abgegeben oder wie kam er ins Tierheim?
  • Hat er vorher mit anderen Tieren zusammengelebt?
  • Bei einem Welpen – wie hat die Mutter gelebt?

In vielen Fällen gibt es darüber keine Informationen. Meist werden nur Vermutungen angestellt.

Ich persönlich würde niemals einen Hund bei mir aufnehmen, der auf der Straße geboren und aufgewachsen ist. Ich würde diesem Hund keinen Gefallen tun, wenn ich ihn nach Potsdam hole und er hier mit 2m²-Terrasse, Wohnung und Gassigehen vorlieb nehmen müsste. Oberflächlich betrachtet würde es diesem Hund bei mir gut gehen, aber ob mein Leben seinen Bedürfnissen entspricht, steht auf einem anderen Blatt.

Für späteres Training spielt es natürlich keine Rolle, warum der Hund z.B. Angst vor Handtüchern hat – diesem Hund kannst du helfen, auch wenn du das nicht weißt. Aber es hilft dir, Verständnis für deinen Hund aufzubringen und weiterzumachen, auch wenn es nicht immer leicht ist.

Podcast-Tipp: Fehler in der Eingewöhnungszeit von Tierschutzhunden

5. Tipp – Lerne den Hund vorher kennen

Ich würde mich nur für einen Hund entscheiden, den ich vorher persönlich kennenlernen kann.

Meinen Hund Paco konnte ich vorher kennenlernen, weil ich für 14 Tage in Alicante war und in dem Tierheim freiwillig gearbeitet habe. Er konnte dann direkt mit mir nach Deutschland fliegen.

Auf der sicheren Seite war ich dadurch nicht – denk nochmal an das Zitat aus Tipp 3: Paco wurde aus einer ländlichen, ruhigen Umwelt in eine laute, städtische Umwelt verpflanzt und schon hatte ich einen Hund mit Geräuschangst.

Ich gehe davon aus, dass das Tierheim oder die Pflegestelle den Hund nach besten Gewissen beschreibt, aber diese Beschreibung ist ganz subjektiv.

Ascii zum Beispiel mag erhöhte Liegeplätze.

  • Pflegestelle X würde ihn deshalb als dominanten Hund beschreiben, der gern über alle herrschen möchte.
  • Pflegestelle Y würde sagen, dass er gern kuschelig liegt und alles im Blick hat, da er gern Dinge mit den Augen beobachtet.
  • Pflegestelle Z würde sagen, dass er eine starke Bindung aufgebaut hat, weil er am liebsten dort liegt, wo es am stärksten nach ihnen riecht.

Diese drei Aussagen schaffen bei dir ein anderes Bild von Ascii. Deshalb wäre es besser, wenn du ihn persönlich kennenlernst und dir selbst ein Bild machen kannst. Du lernst dabei auch noch das Tierheim oder die Pflegestelle kennen und siehst, wie der Hund aktuell lebt. Was sagt dein Bauchgefühl zu diesen Hund? Fühlt es sich richtig an oder hast du Zweifel?

Mir ist bewusst, dass dieser Ratschlag Hunde aus dem Ausland benachteiligt, aber wenn eine Pflegestelle frei wird, kann ein Hund aus dem Ausland nachrücken. Und für mich spricht nichts dagegen, auch einen Hund im Ausland zu besuchen – die Kosten werden für dich nur höher.

6. Tipp – Herz & Verstand

Das Kennenlernen vorweg hat einen Nachteil – wenn du den Hund siehst, könntest du dich sofort verlieben. Und auch die größte Liebe der Welt kann nicht jedes Problem im Alltag lösen. Deshalb solltest du deinen Verstand nicht völlig abschalten. Moment, eben hat sie doch noch was von Bauchgefühl geschrieben!? Beides ist wichtig!

Wenn du einen Hund bei dir aufnehmen willst, der unter einer Hausstauballergie leidet und du in einer putzfaulen Wohngemeinschaft lebst und selbst nicht gern putzt, musst du für diesen Hund einiges ändern. Deine Mitbewohnerinnen kannst du nicht zum Putzen zwingen, zumindest sehe ich das so. (Es ist dein Hund und deine Entscheidung!) Ab dem Tag des Einzugs musst du mindestens einmal am Tag die Wohnung gründlich saugen, wischen und den Staub entfernen. Oh, du lebst in einer Wohnung mit Teppich? Dann wäre ein Umzug vorweg angebracht oder du veränderst den Bodenbelag.

Das ist ein extremes Beispiel. Die Liebe zu deinem Hund kann dein Handeln verändern, aber schaffst du es auf Dauer und kannst du deine Lebensumstände deinem Hund zu Liebe anpassen? Du solltest ehrlich mit dir sein.

Du solltest dir einen Hund aussuchen, der zu dir und deinem Leben passt und nicht blind ein Tier retten. Ich schreibe aus eigener Erfahrung, denn Paco habe ich keinen Gefallen getan, ihn mit in eine große Stadt zu nehmen und dort mit ihm zu leben. Es war viel Training und viel Management nötig, damit es ihm gut ging. Ich bin glücklich, dass wir es soweit geschafft haben, aber es war nicht immer leicht.

Ich hoffe, du findest deinen Hund.

Wenn du deinen Hund schon gefunden hast, dann unterstütze werdende Hundehalter*innen und teile diesen Artikel.

 

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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