4 Mythen rund um das Ballspielen

von Ulrike Seumel

Manche lieben es, andere verteufeln es. Doch stimmen die Mythen über das Thema Ballspielen und die Auswirkungen, die Ballspielen auf Hunde haben soll, wirklich? Ich habe heute 4 Mythen für dich, die du rund ums Ballspielen an vielen Ecken des Internets findest.

1. Durch Ballspielen wird dein Hund zum Jäger!

Jagdverhalten ist bei den meisten Hunden vollkommen normal – auch wenn ich mir wünschen würde, dass meine Hunde damit nichts anfangen könnten. 😉 Jagdverhalten hat eine genetische Grundlage und kann weder an- noch einfach ausgestellt werden. Egal, womit. Durch Training kann der Hund lernen, kooperativer und abrufbar zu werden. Wenn du einen Hund hast, der noch nie etwas von Jagdverhalten gehört hat, dann freue dich darüber – aber vergiss nicht, das kann sich noch ändern, weil sich Jagdverhalten selbstbelohnend anfühlt und diese Erfahrung kann dein Hund bei Wildkontakt noch machen. Durch Ballspiele wirst du deinen Hund aber nicht zum Jagdhund machen!

Ein Ball ist kein Hase.

Hunde sind schlecht im Generalisieren – sie werden niemals einen Hasen mit einem Ball verwechseln. Die meisten Hunde, die ich kenne, können still sitzen, wenn der Ball fliegt, aber zeigen dieses Verhalten dann nicht am Wild. Sie können sich zurücknehmen am Futternapf, aber nicht am Wild. Warum sollte das also umgekehrt funktionieren? Warum sollte Ballspielen Jagdverhalten fördern, wenn der Hund doch weiß, wann es um den Ball geht und wann um Wild? Für Hunde ist das ein völlig anderer Kontext und da Hunde immer im Kontext lernen, können sie da sehr gut unterscheiden.

Ballspielen kann dir im Antijagdtraining sogar helfen

Das Schöne am Spiel mit dem Ball ist, dass der Hund am Ball das Bedürfnis nach Hetzen, Suchen, Lauern, Schütteln und Co. ausleben kann – denn am Wild sollte das im Normalfall kein Hund tun. Bedürfnisse zu unterdrücken, ist schwer und auf Dauer ungesund. Und Jagdverhalten gehört bei vielen Hunden zu den wichtigen Bedürfnissen. Deshalb braucht jeder Hund einen Raum, in dem er sie – zumindest teilweise – ausleben darf. Und es ist sicher klar, dass dafür keine anderen Tiere leiden dürfen. Deshalb müssen Ersatzobjekte her und was eignet sich dafür besser als Spielzeug. Natürlich wird nicht jeder Hund Spielzeug als Ersatz nehmen wollen, aber auch das kannst du Schritt für Schritt mit deinem Hund aufbauen. Ein Hund, der seine Bedürfnisse befriedigen kann, hat eine höhere Lebensqualität und empfindet weniger Frust. Denn Frust führt oft dazu, dass Hunde auffällig werden und auch schlechter ansprechbar sind.

Lesetipp: Drei Fehler beim Training am Jagdverhalten

2. Ballspielen macht einen Hund zu einem Ball-Junkie!

Erstmal ist es fraglich, ob ein Hund süchtig werden kann nach Bällen, wenn wir das Wort Ball-Junkie jetzt wörtlich nehmen. Ob es vergleichbar zu einer Sucht nach Betäubungsmitteln ist wie bei Menschen, ist fragwürdig. Ein sogenannter Ball-Junkie ist ein Hund, der sehr aufgeregt ist, wenn es ans Ballspielen geht, nur auf den Ball starrt, schlecht ansprechbar ist und nicht aufhören kann.

So machst du aus deinem Hund einen Ball-Junkie

Die Ursache dafür ist aber nicht das Ballspielen generell, sondern das WIE. Wie spielt der Mensch mit dem Hund Ball und vor allem WIE beendet er das Spiel. Eine einfache und logische Erklärung für die so genannten Ball-Junkies ist eine erlernte Erregung. Eine Erregung, die der Hund mit dem Ball (oder einem anderen Spielzeug) verknüpft hat. Beim Ballspielen hat der Hund Spaß, er fühlt sich gut und kann sein Bedürfnis nach Rennen, Apportieren, Packen, Schütteln, Tragen und Co. ausleben. Meist wird der Hund im Spiel immer höher gepuscht und Ermüdungsanzeichen beim Hund werden übersehen. Wenn es für den Hund am schönsten ist, wird dann das Spiel abrupt beendet. Das Spielzeug wird eingepackt oder der Hund wird verfolgt, weil er das Spielzeug nicht abgeben will und dann wird der Hund im schlimmsten Fall noch ausgetrickst und sucht vergeblich seinen Ball.

Durch Frust zum Ball-Junkie

Durch das abrupte Spielende entsteht beim Hund eine hohe Frustration, die für eine sehr hohe und unangenehme Erregung im Hundegehirn sorgt. Diese Erregung bringt Stress mit sich und kann unerwünschte Verhaltensweisen wie bellen, hochspringen, in den Jackenärmel beißen und Co. auslösen. Und schon wird der Hund zu einem Ball-Junkie, weil er die hohe und unangenehme Erregung mit dem verknüpft, was in die Tasche wandert – mit dem Ball. Der Ball wird dank klassischer Konditionierung zu einem erlernten Auslöser für sehr hohe Erregung. Jedes Mal, wenn der Ball wieder erscheint, wird beim Hund die hohe Erregung ausgelöst und da das Spiel mit dem Ball wieder abrupt endet, wird immer mehr hohe Erregung mit dem Ball verknüpft… . Deshalb ist es wichtig, dass du dir beim Beenden des Spiels Zeit nimmst und das Spiel niemals beendest, wenn dein Hund noch sehr hochgefahren ist. Bevor du das Spielzeug einpackst, sollte dein Hund im besten Fall schon entspannt und ansprechbar sein.

DVD-Tipp: Die Welt ist Ball – Ball Junkies – Verhalten, Ursachen & das Beste daraus machen von Dr. Ute Blaschke-Berthold

3. Ballspielen macht Hunde aggressiv!

Dazu kann ich nur sagen – Nein! Das Ballspielen ist es nicht – verantwortlich dafür ist der Umgang mit dem Hund durch den Menschen und das Wohlbefinden des Hundes. Und das nicht nur während des Ballspielens, sondern im gesamten Alltag und Leben.

Wenn du mit deinem Hund Ball spielst und das solange, dass er Schmerzen bekommt, und dann dein Hund aufgrund von Schmerzen unleidlich wird und aggressiv reagiert, kannst du nicht das Ballspielen dafür verantwortlich machen, denn du trägst die Verantwortung für deinen Hund und solltest Beschäftigung und Belohnung so wählen, dass sich dein Hund wohlfühlen kann. Und es liegt an dir, zu erkennen, was für deinen Hund gut ist und wie viel er davon braucht und haben darf. Denn natürlich ist das klassische Ballspielen mit den schnellen Stopps für den Bewegungsapparat vieler Hunde Gift. Du darfst nicht erwarten, dass dein Hund von allein aufhört, wenn ihm etwas wehtut – viele Hunde machen einfach weiter, weil es zu schön ist und er dabei die Schmerzen vergessen kann. Aber hey – es gibt noch viele andere Dinge, die du mit dem Ball und Spielzeug anstellen kannst, damit dein Hund Spaß hat.

Lesetipp: Aggressiver Hund: So kannst du das ändern.

Die Hauptursache für Aggressionsverhalten?

Frustration ist eine der Hauptursachen für Aggressionsverhalten. Vielleicht kennst du das sogar von dir selbst, sobald etwas nicht so läuft, wie du dir das wünscht, wirst du unleidlich und schimpfst. Ich kenne das von mir sehr gut und auch den Hunden geht es da nicht anders. Selbst meine alte Katze war damals ein Paradebeispiel, wenn sie frustriert war, wollte sie gern meinen Kater verprügeln.  Deshalb ist es wichtig, dass Ball spielen und generell Spielen für deinen Hund nicht mit Frustration verknüpft ist, weil es einfach immer plötzlich aufhört. Da muss der Hund durch und das muss er doch aushalten, ist ja eine nette Idee, die aber bei schnell frustrierten Hunden zügig nach hinten losgeht.

4. Ballspielen machen den Hund zu einem Kläffer!

Eine grausame Vorstellung – der Hund bellt dich an, weil er endlich seinen Ball haben möchte. Naja, auch ohne Ball kann dir das gelingen und auch hier werde ich mich wiederholen, denn Schuld ist nicht die Beschäftigung, sondern dein Umgang mit ihr und vor allem WIE du sie beendest.

Wenn dein Hund Spaß am Ballspielen hat, wird es ihm schwer fallen, aufzuhören und wenn es dann vorbei ist, wird er frustriert sein. Es gibt Hunde, die dann schnell ihre Stimmbänder ölen und die hartnäckig sind. Oft verstärkst du dann durch deine Aufmerksamkeit oder Spielen unbewusst das Bellen und manchmal schimpfst du mit deinem Hund – ein Teufelskreis, der das Bellen deines Hundes nicht stoppt. Auch diesen Hunden helfen ein langsamer Spielabschluss und eindeutige, freundliche und entspannende Rituale am Ende des Spiels.

Fazit

Ballspielen ist erlaubt – aber es steht und fällt mit der Umsetzung. Es wäre wahnsinnig schade, wenn du mit deinem Hund keinen Spaß mehr haben könntest, nur weil Ballspielen einen so schlechten Ruf hat.

Stelle dir folgende Fragen:

  1. Möchte mein Hund Ballspielen?
  2. Wie möchte er mit dem Ball spielen?
  3. Möchte wirklich mein Hund so spielen oder ist es eher meine Vorstellung von Spiel?
  4. Ist mein Hund dem Spiel körperlich gewachsen?
  5. Welche Varianten fallen mir zusätzlich ein, wie ich mit meinem Hund spielen kann?
  6. Wie kann ich langsam das Spiel beenden, damit mein Hund runterfährt, bevor das Spiel vorbei ist?

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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