Verhalten bei Hunden entsteht nicht durch Zauberei. Oft überrascht es uns, wenn der Hund plötzlich bellt – aber “plötzlich” passiert da meistens nichts.
Die Situation macht’s
Erst gestern hatte ich wieder eine Trainingsstunde mit einem Hund, der bei direkten Hundebegegnungen Mühe hat und schnell überfordert ist. Dann schnappt er kurz nach dem anderen Hund und geht dann weiter. In der Stunde war Ascii (mit meinem Freund) als Statistenhund dabei. Und der Hund war großartig – wenn Ascii ihn angesehen hat, schnüffelte er auf dem Boden, hat kurz hingeschaut und dann gleich wieder weggeschaut, hatte eine lockere Muskulatur und konnte sich freiwillig abwenden. Etwas, was er im Alltag auch schafft, aber nicht immer.
Es braucht einen fremden Hund, der seine körpersprachlichen Signale im Vorfeld nicht wahrnimmt oder ignoriert und schnell direkten Kontakt aufnimmt, inkl. am Hintern schnüffeln.
Schuld ist es jetzt nicht der fremde Hund, der Kontakt aufnehmen will. Denn einen Schuldigen zu finden, ist nicht hilfreich, damit gibst du nur deine Verantwortung ab.
Die komplette Situation führt dazu, dass der Hund aus meinem Training Abschnappen zeigt.
Zu der Situation gehört erstmal alles – aber es gibt Faktoren, die das Verhalten Abschnappen möglich und wahrscheinlich machen.
Das ist die Stimmung des Hundes, das Erregungslevel, das Stress-Level, der gesundheitliche Zustand, das Auftreten von speziellen Auslösern (wie der fremde Hund, der am Hintern schnüffelt) und so weiter.
Zu den Faktoren habe ich in diesem Artikel alles geschrieben:
Was du wissen musst, um Verhalten bei deinem Hund zu verändern
Warte nicht darauf, dass etwas schief geht
Statt darauf zu warten, dass etwas schief läuft und dann aktiv zu werden, solltest du beobachten, welche Faktoren in einer Situation deinen Hund beeinflussen und welches Verhalten wahrscheinlicher wird.
Wenn du diese Faktoren kennst, kannst du schneller und bewusster einschätzen, wann etwas schief laufen kann. Außerdem weißt du auch, wann dein Hund mal wieder über sich hinauswächst.
Und du kannst durch Veränderung der Bedingungen ganz schnell das Verhalten deines Hundes ändern.
Springt dein Hund immer Menschen bei der Begrüßung im Flur an und bei Begrüßungen außerhalb der Wohnung kann er mit allen vier Pfoten am Boden bleiben? Dann verpacke das Kennenlernen von fremden Menschen doch immer in einen kurzen Gassigang und geht erst dann gemeinsam in die Wohnung.
Du als Hundehalter*in bringst deinen Hund immer wieder in solche Situationen – sei dir deiner Verantwortung bewusst und beginne, aktiv Situationen zu beobachten, um Auslöser und andere Faktoren wahrzunehmen. Dadurch wird dir auch klar, was du nur mit gezieltem Training lösen kannst oder ob du Situationen wie die Begrüßungszeremonie außerhalb der Wohnung ändern kannst.
Wenn du einmal in der Lage warst, solche Situationen wahrzunehmen und im Zusammenhang zu sehen, wirst du immer schneller erkennen, wann so eine Situation wieder entsteht.
Erkennst du gutes Verhalten?
Gut und schlecht sind relativ – es geht hier darum, dass du weißt, welches Verhalten du bei deinem Hund sehen willst und was für euch als Team passt.
Lesetipp: Ziele im Hundetraining
Vor jedem unerwünschtem Verhalten zeigt dein Hund noch ein Verhalten, was du toll findest oder mit dem du zumindest leben kannst. Du kannst dieses Verhalten durch Verstärkung ausbauen, verlängern und intensivieren. Je öfter dein Hund das Verhalten zeigt, das du verstärkt hast, umso seltener wird er ein Verhalten zeigen, das du nicht möchtest oder das unpassend ist.
Meist warten wir gebannt darauf, dass der Hund etwas (in unseren Augen) falsch macht. Statt dem Hund so zu helfen, dass er genau das lernt und tut, was wir uns wünschen. Statt uns zu freuen, ärgern wir uns lieber und zeigen dem Hund, dass er in unseren Augen doof ist. Für dich und auch für deinen Hund ist das oft sehr frustrierend. Deshalb öffne deine Augen und nimm das Verhalten deines Hundes wahr.
Bei dem Hund aus meinem Training verstärkt die Halterin das tolle Verhalten, was er zeigen kann und achtet auf die Situationen, in die sie gemeinsam kommen. Jetzt erkennt sie früher, wann sie ihren Hund ansprechen muss und sie weiß, wie er schneller und entspannter neue Hundefreundschaften schließen kann.