Warum du deinen Hund nicht mit der Leine korrigieren solltest

von Ulrike Seumel

Ja, wir wissen, dass Hunde ans Ende der Leine gelangen und dann Zug auf die Leine kommt. Das überrascht uns nicht. Und noch nicht jeder Hund verfügt über eine perfekte Leinenführigkeit. Darum geht es in diesem Artikel auch nicht. Du findest hier Gründe, die gegen einen bewussten Einsatz von Korrekturen über die Leine sprechen. Wenn dein Hund selbst ans Ende der Leine gelangt, ist das für ihn unangenehm. Nur setzt du das (hoffentlich) nicht bewusst ein.

1. Grund: Es tut weh!

Reden wir nicht drumrum: An der Leine zu ziehen oder zu rucken, tut Hunden weh. Und ob es deinem Hund weh tut, kann nur er dir sagen. Nur spricht er nicht deine Sprache. Das Schmerzempfinden von Hunden ist individuell und die Schmerzreaktionen fallen sehr unterschiedlich aus. Nicht jeder Hund schreit oder fiept, manche Hunde zeigen äußerlich vielleicht gar keine sichtbare Reaktion.

Angst dank der Leine?

Du kannst das Hundegehirn nicht so programmieren, wie du es gern hättest. Was er genau verknüpft und lernt, kannst du beeinflussen, aber nicht zu 100%. Wenn du deinen Hund mit der Leine korrigierst und es ihm unangenehm ist, dann löst du bei ihm vielleicht Angst, Wut, Schmerzen oder Frustration aus. Diese Gefühle kann er mit anderen Reizen verknüpfen und zwar ganz unbewusst. Du korrigierst deinen Hund mit der Leine, während du an einem Spielplatz vorbei gehst und dein Hund verknüpft dank klassischer Konditionierung die Emotion Angst oder Wut mit den Schreien der Kinder, die gerade spielen. Das muss nicht passieren, aber es besteht die Möglichkeit und da jedes Lebewesen Emotionen wie Angst, Wut, Frustration und Schmerzen vermeiden möchte, ist die Chance von Fehlverknüpfungen sehr hoch.

Lesetipp: Was jede*r über Strafe im Hundetraining wissen sollte

2. Grund: Einschränkung schafft Frust!

Wenn dein Hund schnell frustriert ist, ist es umso wichtiger, dass er in kleinen Schritten und durch Belohnungen lernt zu warten. Und nicht durch die Leine genervt wird und ein immer höheres Erregungsniveau an der Leine bekommt.

Ich habe in den letzten Jahren viele Hunde gesehen, die angeleint nur eins wollten – weg von ihren Menschen. Ohne Leine bleiben diese Hunde freiwillig in der Nähe und suchen auch die Nähe ihrer Menschen. Viele dieser Hunde haben an-der-Leine-Sein verknüpft mit Einschränkung, Frustration und einem sehr hohen Erregungsniveau. Und da der Mensch für diese Einschränkung an der Leine sorgt und du deinen Hund mit der Leine korrigierst, möchten viele Hunde nur eins: Weg von dem Menschen mit der Leine. Und da einige Hunde unter Stress und Frustration in Bewegung geraten, fällt die Leinenführigkeit in diesen Moment noch schwerer.

3. Grund: Ein Leinenzug ist keine Hundesprache!

Wenn du mit einem Menschen unterwegs bist, ziehst du diesen auch nicht einfach am Ärmel, sondern kommunizierst mit ihm über Worte, Gestik und Mimik. Zumindest sagen wir dem Menschen vorher Bescheid, bevor wir ihn am Ärmel ziehen. Denn die meisten Menschen erschrecken sich oder werden wütend, wenn wir sie festhalten oder plötzlich an ihren Sachen ziehen. Du denkst jetzt vielleicht: Mein Hund spricht aber nicht meine Sprache und versteht mich nicht. Dann könntest du mehr Zeit in den Aufbau von Signalen investieren, damit dein Hund ansprechbar ist. Denn ein Leinenzug gehört definitiv nicht zur allgemeinen Hundesprache, die jeder Hund versteht. Und wenn du schon lange versuchst, deinen Hund mit der Leine zu korrigieren, dann könntest du diese Zeit auch in den Aufbau von Signalen und Kommandos stecken.

4. Grund: Richtige Kommunikation?

Was möchtest du deinem Hund sagen, wenn du an der Leine ziehst oder ruckst? Stopp, weiter, links, rechts, mach langsam… ? Für deinen Hund ist ein Zug an der Leine nicht nur schmerzhaft und störend, sondern auch sehr verwirrend. Ein präziser Einsatz ist kaum möglich, deshalb trainieren wir im Hundetraining gewöhnlich mit Wortsignalen oder Handzeichen. Deshalb überlege, welches Signal du zuerst mit deinem Hund aufbauen willst und welches Wort und/oder Handzeichen du dafür nutzen möchtest.

Lesetipp: Kleine Geschichte zum Leinenruck

5. Grund: Ohne Leine läuft es nicht!

Die Korrektur über die Leine funktioniert nur, wenn dein Hund an der Leine ist – ohne Leine wird dein Hund nicht hören und genau wissen, dass du keinen Einfluss mehr über die Leine nehmen kannst. Das ist eine normale Nebenwirkung von Strafe, denn dein Hund kann eine Strafe oder etwas Unangenehmes auch umgehen, wenn er aufmerksam ist und erkennt, was du brauchst, um die Strafe auszuführen.

  • Keine Leine dran. = Ich kann jetzt also schnell zum anderen Hund flitzen.
  • Mein Mensch ist unaufmerksam. = Ich kann jetzt schnell den Döner neben dem Mülleimer runterschlucken.
  • Mein Mensch starrt auf sein Handy. = Ich kann jetzt schnell mal im Unterholz die Rehe besuchen.

Wenn du weißt, wo der Blitzer steht, wirst du dich auch in seiner Nähe anpassen und dich eher das Tempolimit halten. Aber wir halten uns ja immer alle an die Verkehrsregeln und fahren niemals zu schnell. 😉 Wenn du möchtest, dass dein Hund mit dir kooperiert, dann solltest du im Training auf Belohnungen setzen und nicht darauf warten, dass dein Hund einen Fehler macht, um ihn dann zu bestrafen.

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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