Acht Jahre mit einem Hund aus dem Tierschutz – Was ich jetzt anders machen würde

von Ulrike Seumel

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Heute vor genau acht Jahren habe ich meinen Hund Paco aus einem spanischen Tierheim abgeholt. Ich habe dort zwei Wochen lang gearbeitet und Paco dann mit nach Hause genommen. Wir sind am 03.10.2009 in Berlin gelandet und unsere gemeinsame Geschichte begann.

Ich möchte dir heute etwas über unseren Weg erzählen. Wichtig sind mir vor allem drei Dinge:

  • wie Pacos Geräuschangst aufkam, was ich falsch gemacht habe und was der wichtigste Punkt für mich war, den ich lernen musste,
  • was ich heute anders machen würde bezüglich Pacos gesundheitlicher Probleme und
  • was ich jetzt anders machen würde, wenn wieder ein neuer Hund einzieht.

Wir sind also nach Deutschland gekommen und ich hatte damals nicht so wirklich viel Ahnung von Hunden. Ich hatte vorher zwei Pflegehunde, aber gerade die eine Hündin war ein absolutes Geschenk und hat es mir sehr einfach gemacht. Ich hab mir wenig Gedanken gemacht, weil ich dachte, dass ich jetzt bereit bin. Zwei Katzen haben auch bei mir gelebt und ich dachte, ich wüsste wie es läuft.

Die erste Zeit

Paco kam also an und konnte sich zwei Tage lang nicht lösen. Ich wusste bis dahin nicht, dass das überhaupt möglich ist. Die ersten beiden Jahre waren ganz okay. Ich hab zwar schon gemerkt, dass er ein Problem mit lauten Geräuschen hatte, aber es war alles noch absolut im Rahmen. Er hat sich wieder erholt, kam wieder zu mir und hat sich helfen lassen.

Der Tag

Wir sind dann innerhalb von Leipzig umgezogen. Im Nachhinein betrachtet weiß ich, dass Paco in der Zeit also viel Hintergrundstress hatte und es wirklich anstrengend für ihn war. Und es kam dann leider der Tag, an dem wir an einem Spielplatz vorbeigegangen sind und da war so ein kleiner Fußballplatz. Auf diesem Fußballplatz hat jemand einen Fußball mit richtig viel Kraft gegen eine Bande getreten und es war richtig, richtig laut. Paco ist in sich zusammengesackt, lag kurz auf dem Boden und wollte nur noch weg. Ich war komplett überfordert und wusste überhaupt nicht, was ich machen sollte. Ich hatte sowas noch nie gesehen und hab auch bis jetzt nie wiedergesehen, dass ein Hund so extrem auf ein lautes Geräusch reagiert. Wir waren danach noch im Wald und sind ein bisschen gelaufen, aber er konnte sich nicht erholen. Ab diesem Tag ist er nicht mehr in die Richtung des Spielplatzes gelaufen, egal, von wo wir gestartet sind. Da ging es dann richtig los.

Die Angst

Ab jetzt wurde jedes Geräusch zu einem Problem. Jede Stimme, die von irgendwo kam, jedes noch so kleine Geräusch. Ich konnte keine Gassistrecke mehr finden, weil es vorbei war, sobald eine Radfahrer*in kam. Erst recht, wenn sie gesprochen hat, selbst aus mehreren hundert Metern Entfernung. Paco ist dann sofort zum Auto durchgestartet. Mir ging’s damit sehr schlecht, weil ich nicht wusste, was ich machen soll. Irgendwann war ich nur noch genervt von allen Menschen, die unseren Weg gekreuzt haben.

Und da ging meine Reise als Hundetrainerin eigentlich los.

Ich hab deshalb angefangen, auf Seminare zu gehen und bin dann auf Cumcane® und Dr. Ute Blaschke-Berthold gestoßen und konnte mich direkt mit der Art und Weise, wie sie mit Hunden umgegangen ist, identifizieren. Ich war noch nie jemand, der sich durchsetzen wollte, wenn der Hund was Blödes gemacht hat. Ich fand es auch einfach immer sehr witzig, wenn Paco mir z.B. meinen Handschuh geklaut und Spaß damit hatte.

Die Hilfe

Ich konnte ab hier Paco helfen. Zuerst wurde mir klar, dass ich an meiner Einstellung arbeiten musste. Denn dass ich bei jedem Geräusch genervt war, hatte natürlich Auswirkungen auf meinen sehr sensiblen Hund. Er hat gemerkt, dass ich angepisst und genervt aussehe und konnte natürlich nicht unterscheiden, ob das jetzt an ihm oder an etwas anderem liegt. Der hat nur gemerkt: Okay, die ist sauer. Und das hat ihm Angst gemacht. Ich musste also viel an meiner Reaktion auf laute Geräusche oder auf Dinge, die mir aus der Hand gefallen sind, arbeiten. Denn jedes Mal, wenn ich geflucht habe, hat sich mein Hund versteckt, weil er so empfindlich ist und das gruselig fand. Durch die Geräuschangst wurde er immer empfindlicher, weil wir in der Stadt nicht ausweichen konnten und er dauergestresst war.

Und genau das lege ich auch meinen Kund*innen nahe: Erstmal müssen wir an uns selbst arbeiten. Da ich dann daran gearbeitet habe und gelernt habe, wie ich das Markersignal richtig einsetze, konnten wir das Problem mit den Dingen, die runterfallen, relativ schnell lösen. Heute ist das für Paco übrigens kein Problem mehr. Wenn mir jetzt was runterfällt, ist das erste, woran ich automatisch denke, mein Markersignal. Für die Geräuschangst war das total wichtig, denn so konnte ich erstmal gute Emotionen bei Paco schaffen.

Die Gesundheit

Neben der Geräuschangst ist es mir sehr wichtig, anzusprechen, dass Paco kein gesunder Hund ist. Das war er noch nie. Er ist von Anfang an vorbelastet gewesen. Er hat nur ein funktionierendes Auge, er ist kupiert an den Ohren und Rute und musste sich nach dem Aufstehen erstmal einlaufen. Das konnte ich schon im Tierheim beobachten.

Und das zeigt sich jetzt. Paco wird im Januar 9, aber sein Bewegungsapparat ist eher der eines 14- oder 16-jährigen Hundes. Er hat immer Probleme mit dem Rücken  und mit der Hüfte. Mittlerweile ist auch seine Bauchspeicheldrüse angegriffen. Er hat einen kleinen kaputten Zahn, den niemand rausbekommt, hat eine Blutgerinnungsstörung, seine Schilddrüse produziert nicht genug Hormone, hat aus dem Tierheim eine riesige Kastrationsnarbe und hat einen Nabelbruch. Und so reihen sich ganz viele kleine Dinge aneinander, die zusammenkommen und es ihm schwer machen.

Was ich gelernt habe

Das, was ich durch Paco gelernt habe und was ich bei meinem nächsten Hund oder auch bei Ascii, wenn er solche Probleme bekommen sollte, anders machen würde, ist: Ich würde viel früher dauerhaft Schmerzmittel geben.

Die dauerhaften Schmerzen haben Paco schwer geschädigt, Paco hat täglich Schmerzen. Er ist nicht mehr der ausgelassene Hund, der er mal war. Wir haben viel gemacht, z.B. Osteopathie und Goldakkupunktur, das hat auch sehr geholfen, aber die geschädigte Grundsubstanz, die er hat, kann man eben nicht reparieren. Und die Schmerzmittel ermöglichen es ihm, normal mit mir spazieren zu gehen. Ohne bewegt er sich nicht aus meinem Schatten raus. Jede, die einen Hund hat, der nicht die Umwelt erkundet, weiß, wie unangenehm das ist, weil man eben sieht, wie schlecht es dem Hund geht. Er ist auch ein Stressfresser und ist dann dementsprechend ungehalten. Ohne Schmerzmittel ist er in einem schlechten Zustand, der dann auch dafür sorgt, dass seine Ängste viel schlimmer werden.

Natürlich haben Schmerzmittel Nebenwirkungen, z.B. auf den Magen-Darm-Trakt. Und es wird sicherlich auch so sein, dass ein Hund, der dauerhaft Schmerzmittel bekommt, ein kürzeres Leben hat. Aber dafür hat er in dieser Zeit viel, viel mehr Lebensqualität und ein paar gute Jahre.

Ich glaube, dass Pacos extreme Schmerzempfindlichkeit auch daher kommt, dass er diese Schmerzen so lange aushalten musste.

Er bekommt einen Magenschutz dazu und das hat ihn wieder zu einem normalen Hund gemacht. Lebensqualität steht an oberster Stelle.

Auch die eigene, denn ein Hund, der Schmerzen hat, schränkt das eigene Leben sehr ein.

Was ich anders machen würde, wenn ein Hund einziehen soll

In meinem Artikel “Was ich in sieben Jahren mit einem Tierschutzhund gelernt habe” hatte ich es schon beschrieben, aber es ist mir einfach sehr wichtig.

Lesetipp: Was ich in sieben Jahren mit einem Tierschutzhund gelernt habe

Ich würde einiges anders machen, wenn ein Hund einziehen soll. Je länger Paco hier ist, umso mehr verändert sich das, was ich zum Thema Hundeanschaffung denke. Natürlich gibt es keinen perfekten Weg und er lässt sich nie vorhersagen, wie das Leben spielt, aber ich weiß, dass ich es nicht möchte, dass sich der Rest meines Lebens ausschließlich um meine Hunde dreht. Bei uns dreht sich sehr viel um die Hunde, denn auch Ascii ist nicht gesund. Auch er wird empfindlicher. Und das macht das Leben von uns nicht leichter, denn wir möchten reisen, viele Dinge erfahren und lernen. Aber das ist mit Paco nicht möglich. Er kann auch nur sehr schwer ohne uns bleiben. Er fängt dann an zu schreien und dissoziiert quasi. Wir können ihm ein Training daran auch nicht mehr zumuten.

Unsere Lösung ist hier, dass wir mehrere Hundesitterinnen haben, die auf die Hunde aufpassen oder dass er zu meinen Eltern geht.

Was würde ich anders machen?

Ich würde mehr darauf achten, dass der Hund zu unserem Leben passt. Und dazu, wie wir uns unser Leben in zehn Jahren vorstellen. Es würde zuerst auf jeden Fall nur noch ein Hund sein.

Bei Paco war es damals keine reine Vernunftsentscheidung. Ich wusste, dass diesen Hund niemand in Spanien nehmen würde. Er sieht halt ziemlich seltsam aus, der kleine Zwerg.

Ich würde es aber so ähnlich machen wie damals, also dass ich in ein Tierheim oder ein Tierschutzprojekt gehe, dort eine Zeit lang aktiv helfe und vielleicht mit den Hunden trainiere, sie kennenlerne und dann entscheide, welcher Hund zu uns passt.

Erstmal absolut unabhängig vom Aussehen, das ist für mich zweitrangig, auch wenn mein Freund und ich schon Sachen haben, die uns gefallen und andere wiederum nicht.

Ich würde schauen, ob der Hund Tendenzen zeigt, fremde Menschen nicht so nett zu finden oder auf laute Geräusche zu reagieren und dann einkalkulieren, dass sich dort ein Problem entwickeln kann und ich mich dementsprechend verhalten muss, wenn der Hund einzieht.

Ich glaube aber nicht, dass, wenn Paco heute bei mir einziehen würde, seine Geräuschangst kein Problem wäre, nur weil ich jetzt Hundetrainerin bin. Denn es ist etwas ganz anderes, sich im Training mit einem Hund zu beschäftigen, den Menschen Hilfestellung zu geben und dann wieder nach Haus zu fahren. Sobald man emotional involviert ist mit seinem eigenen Hund in seinem eigenen Leben, trifft man andere Entscheidungen. Man reagiert nicht immer besonnen und ist auch nicht immer fleißig.

Ich zeige es ja auch den Menschen und trainiere nicht mit den Hunden.

Ich würde mir also einen Hund aussuchen, der all die Voraussetzungen mitbringt, dass er zu uns passt.

Es wird also kein Welpe werden, maximal ein Hund, der schon weit in der Jugendentwicklung fortgeschritten ist, damit ich einschätzen kann, wie sich das entwickeln wird.

Und ganz entscheidend ist für mich, dass der Hund so gesund wie möglich ist. Denn wenn man ein sensibler Mensch ist, kann es einen schon sehr anstrengen, wenn der Hund krank oder alt ist.

Also überlege dir solche Sachen vorher, wenn du weißt, dass ein Hund einziehen soll. Reflektiere dir, wie dein Leben aussehen soll. Möchtest du Kinder? Was wird die nächsten Jahre sehr wahrscheinlich passieren? Kannst du dir einen Hund aussuchen, der gute Dinge für dich mitbringt?

Lesetipp: Du willst einen Hund adoptieren? – 6 Tipps VOR der Anschaffung

Ich konzentriere mich in meinem Leben und im Training mit den Hunden immer auf das Wesentliche. Mir ist es wichtiger, dass mein Hund alltagstauglich ist und wir zusammen gut durch’s Leben gehen können.

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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