3 Tipps für mehr Entspannung bei deinem Hund

von Ulrike Seumel

Dir kommt das Signal “Sitz” über die Lippen und eine Millisekunde später sitzt dein Hund und zwei Millisekunden später fliegt dein Hund weiter, denn er hat noch viel zu tun. Moment – eigentlich beschreibe ich hier gerade Paco vor ein paar Jahren. Jede meiner Bewegungen schien ihn damals zu animieren, sich auch zu bewegen. Und verdammt – er war immer schneller als ich.

Aber ich mag solche Hunde, denn sie machen Spaß – nur leider kann ich mir nicht aussuchen, wann sie schnell sind. Schnell auf meine Signale reagieren und ansonsten immer entspannt sein, ist doch sehr unwahrscheinlich.

Selbst unsere Ridgeback Hündin Ami gehörte nicht zu den tiefenentspannten Exemplaren ihrer Rasse.

Entspannung gehört deshalb zu unserem Training und ich habe für dich meine drei wichtigsten Tipps für mehr Entspannung zusammengestellt.

1. Tipp – Wie deinem Hund ein Chillout-Bereich helfen kann

Schaffe für deinen Hund in der Wohnung einen Bereich zum Entspannen und Wohlfühlen. Nein, dein Hund braucht kein Himmelbett. Das Wichtigste ist, diesen Platz mit Entspannung und ruhiger Beschäftigung zu verknüpfen.
Die Komfortzone sollte sich dort befinden, wo sich dein Hund gern aufhält und wo es für dich passt. Ascii würde unser Sofa auswählen – aber das geht bei uns nicht. Das Sofa ist zu klein für drei Hunde und uns Menschen und für ein größeres Sofa brauchen wir ein breiteres Wohnzimmer. Asciis Komfortzone steht deshalb neben dem Sofa, dann kann er wenigstens in unserer Nähe sein.

Die Komfortzone kann ein Hundebett, eine Decke oder eine Hundebox sein.

Eine Decke ist sehr praktisch, denn sie ist leicht zu transportieren und überall einsatzfähig. Hundebett oder Box sind nicht immer passend und für einen Restaurantbesuch zu viel.

Eine Decke ist auf Dauer für viele Hunde zu unbequem. Du kannst zusätzlich eine kleine Decke zu Hause mit in die Box oder in das Bett legen. So verknüpft dein Hund diese Decke mit der Komfortzone.

Eine Hundebox ist praktisch, weil du sie abdunkeln und durch Decken Geräusche von Außen dämpfen kannst. Es fällt vielen Hunden leichter, in einer Box zu warten als auf einer Decke. Außerdem musst du keine Angst haben, dass jemand über die Pfoten deines Hundes stolpert. Ascii liebt seinen Gitterkennel und seine Transportbox. Er kann beim Schlafen seinen Körper an die Wand der Box drücken, wenn wir keine Zeit haben, ihn zu streicheln. Nicht jeder Hund findet Hundeboxen auf Anhieb toll – deshalb solltest du Zeit und Training einplanen, um ihn an eine Box zu gewöhnen. Paco und Ami haben Betten mit einem hohen Rand, weil sie es lieben, ihre Köpfe darauf abzulegen oder ihre Köpfe in den Rand zu bohren.

Eine Komfortzone für deinen Hund

Wir haben die Komfortzonen verknüpft mit Entspannung. Dafür nehmen wir uns immer wieder Zeit, gezielt mit den Hunden in ihrer Komfortzone zu kuscheln.

Wenn dein Hund nicht gern mit dir kuschelt, aber gern in deiner Nähe oder direkt an dir liegt, kannst du dich zu ihm setzen und ein Buch lesen. Beim Zwangskuscheln fühlt sich dein Hund nicht wohl – dadurch wird er sich nicht entspannen. Unsere Hündin Ami liegt gern dicht neben uns, findet Anfassen aber nur selten angenehm. Dafür liebt sie es, den Kopf hinter unseren Rücken zu schieben und wenn man den Arm auf sie legt.

In der Komfortzone bekommen unsere Hunde ihre Kauartikel. Mittlerweile tragen Ami, Ascii und Paco ihre Kauartikel sofort von allein in ihre Komfortzone und beginnen, dort zu kauen. (Das hält übrigens auch die Wohnung sauber.)

Zu Beginn haben wir ihnen die Kauartikel in der Komfortzone gegeben. Haben sie die Kauartikel darin gekaut, haben wir sie dafür belohnt mit stimmlichen Lob oder ihnen ein Leckerlie in die Zone geworfen.

Haben sie die Kauartikel woanders hingeschleppt, haben wir sie freundlich wieder zurück in die Komfortzone gebracht. Es ist wichtig, dass du freundlich bleibst – Schimpfen und Strafe haben in der Komfortzone nichts verloren. An diesem Ort soll sich dein Hund wohlfühlen und keine Angst vor Strafe haben müssen.

Achtung! Nicht jeder Hund entspannt sich beim Kauen oder Schlecken eines Kongs.

Entspannung in der Komfortzone

Wenn du konditionierte Entspannung im Alltag nutzt, kannst du diese auch in der Komfortzone aufladen und dadurch mit der Komfortzone verknüpfen.

Lesetipp: Wie du Entspannungssignale bei Hunden aufbaust und einsetzt

Wenn du eine Komfortzone aufgebaut hast, fühlt sich dein Hund gut, wenn er in der Komfortzone ist. Sucht er seine Komfortzone auf, wird er sich automatisch runterfahren.

Er kann sich dort entspannen und sich allein beschäftigen, weil sich das für deinen Hund gut anfühlt, wird er freiwillig dort Zeit verbringen.

Die Komfortzone kannst du zum Training bei Ängsten (z.B. Geräuschangst), Trennungsstress und Problemen mit Besucher*innen nutzen.

2. Tipp – Sei nett und dein Hund wird entspannter

Ein fairer Umgang mit dem Hund und der Einsatz von positiver Verstärkung sorgen für einen entspannten Hund.

Hohe Erregung entsteht durch Stress, Frustration, Angst und Aggression. Fast jeder Hund ist davon betroffen – die einen mehr und die anderen weniger. Die Umwelt, in der du mit deinem Hund lebst, kannst du nur schwer verändern. Was du aber ändern kannst, ist der Umgang mit deinem Hund. Wenn die Umwelt es deinem Hund nicht immer leicht macht, sollte dein Umgang es ihm nicht zusätzlich erschweren.

Dein Hund versteht nicht, warum du mit ihm schimpfst. Das Verhalten, was er zeigt, ist in seiner Hundewelt absolut richtig. Er versteht nicht, was für dich richtig und falsch ist.

Wenn du mit ihm schimpfst, hat er Angst vor dir. Dadurch entsteht Stress und eine hohe Erregung. Diese hohe Erregung kann dein Hund mit der Situation verknüpfen. Dadurch wird dein Hund in solchen Situationen immer aufgeregter werden. Damit schießt du dir ein Eigentor – denn es wird immer mehr Situationen im Alltag geben, in denen dein Hund nicht entspannt ist.

Bist du genervt?

Kennst du das? Dein Hund bettelt am Tisch und du findest es zuckersüß und am nächsten Tag bettelt dein Hund wieder am Tisch und du bist unendlich genervt?

Das ist vollkommen menschlich, denn deine Reaktion ist abhängig von deiner Laune, deinem Stresslevel, der Tageszeit, deinen Hormonen und und und … (hey, da geht es dir übrigens wie deinem Hund).

Dein Hund hat nur ein Problem – er versteht das leider nicht. Wenn du einen Tag in der Situation nett zu ihm bist und am nächsten Tag in der gleichen Situation mit ihm schimpfst, versteht dein Hund die Welt nicht mehr. Das schafft eine hohe Erregung und ist für deinen Hund extrem stressig. Du wirst für deinen Hund zu seinem Sicherheitsrisiko, was er nicht einschätzen kann.

Wenn du weißt, dass es dich manchmal nervt, wenn dein Hund am Tisch bettelt – trainiere vorher schon ein zuverlässiges Signal, mit dem du deinen Hund in seine Komfortzone schickst.

Diese Strategie hilft dir, nicht zu schimpfen und dein Hund fühlt sich in seiner Komfortzone gut.

Lesetipp: 6 Gründe, warum du positive Verstärkung im Training einsetzen musst

Mach dir Gedanken darüber, wie du unerwünschtes Verhalten freundlich unterbrechen und im besten Fall schon vorweg verhindern kannst – denn auch das gehört zu einem Training über positive Verstärkung.

3. Tipp – Was löst hohe Erregung aus?

Nur Entspannung im Alltag zu integrieren, hilft nicht immer. Denn die Ursachen für Unruhe liegen nicht immer auf der Hand.

Ursachen können sein

  • Angst
  • Stress
  • Krankheit & Schmerzen
  • Frust
  • Konflikte
  • Jungendentwicklung
  • Langeweile
  • Zu wenig Ruhepausen

Wenn Paco Schmerzen hat, wird er unruhig. Wenn es dann ums Futter geht, wird er zum Flummi und versucht schneller zu sein als meine Hand. Er läuft immer wieder aufgeregt herum oder fiept. Konditionierte Entspannung und seine Komfortzone helfen ihm natürlich, aber sie lindern nur für kurze Zeit seine hohe Erregung. In seinem Fall hat es dann höchste Priorität, seine Schmerzen zu lindern und die Tierärztin zu besuchen.

Auch während seiner Jungendentwicklung war er schneller aufgeregt und “Bleib” war eine Übung, die er so gar nicht konnte. Ich habe am Bleib lange Zeit gar nicht geübt und irgendwann festgestellt, dass es plötzlich doch klappt – denn in der Zwischenzeit ist sein Gehirn erwachsen geworden. Die Entwicklung des Gehirns während des Erwachsenwerdens hindert den Hund oft am Nachdenken und auch die Selbstkontrolle fällt ihm schwerer. In dieser Zeit braucht dein Hund deine Unterstützung und nicht dein härteres Durchgreifen.

Ich habe mir es leicht gemacht und das “Bleib” gar nicht mehr geübt, damit Paco und ich nicht genervt voneinander sind. Aber ich habe das “Bleib” in dieser Zeit auch nicht gebraucht und andere Lösungen gefunden, wenn er warten musste.

Lesetipp: Adoleszenz – Der faszinierende Weg der Jungendentwicklung des Hundes von Heike Benzing

Ein Symptom von Stress ist gesteigerte Aktivität.

Ein flattriges Nervenkostüm und Unruhe kennst du sicher auch von Menschen. Auch Ascii zeigt unruhiges Hin- und Herlaufen, wenn er gestresst ist. Wenn wir Besuch bekommen und Ascii diesen Menschen mag, ist er noch sehr aufgeregt – früher hat er jeden Menschen verbellt und fand sie gruselig. Mittlerweile sieht es anders aus, aber es ist noch nicht immer leicht für ihn. Wenn der Besuch öfter kommt, sieht man an Asciis Begrüßung, dass es ihm immer leichter fällt – denn die Begrüßung wird immer ruhiger und entspannter.

Erstelle dir eine Liste, wann im Alltag dein Hund sich entspannen kann und wann es ihm schwerfällt. Beschreibe die Situationen möglichst genau. Dadurch findest du mögliche Ursachen für Unruhe und du findest heraus, wann du Entspannungssignale aufbauen kannst.

Lesetipp: 3 Dinge, an denen du Stress bei deinem Hund erkennst

Fazit

Schaffe Entspannung im Alltag und baue eine Komfortzone für deinen Hund auf. In der Komfortzone entspannst du deinen Hund – so wie er es mag und er kann seine Kauartikel dort kauen.

Bleib fair zu deinem Hund und setze auf positive Verstärkung.

Überlege dir, wann im Alltag dein Hund durch dein Verhalten gestresst ist und was du in der Situation verändern oder ob du durch Training etwas verändern kannst.

Ein tiefenentspannter Hund zu jeder Zeit macht keinen Spaß – wichtig ist, dass du dir bewusst darüber bist, warum dein Hund aufgeregt ist und wie du ihm helfen kannst.

 

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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