Ganz ehrlich, was ist dein Hund für dich? Ein Freund, ein Familienmitglied, ein Partner, ein Arbeitsgerät oder ein Befehlsempfänger? Ich nehme an, dass du zwischen den ersten drei Optionen gewählt hast und dein Leben gern mit deinem Hund teilst. (Ansonsten hättest du bei der Überschrift gar nicht weitergelesen.)
In der Hundeerziehung kocht jede ihr Süppchen und hat ihre eigenen speziellen Zutaten für ein perfektes Resultat. Positive Verstärkung bildet meine Hauptzutat im Training – hier findest du sechs Gründe, warum sie das Salz in der Suppe ist.
Positive Verstärkung – was ist das?
Vorab ein kleiner Exkurs, was du über positive Verstärkung wissen solltest: (Wenn du weißt, was positive Verstärkung ist, dann springe einfach zum ersten Grund in der Liste.)
Positive Verstärkung bezeichnet eine Trainingstechnik. Der Begriff beschreibt auch einen Lernvorgang.
Jeder Hund strebt nach guten Gefühlen. Wir alle würden uns gern, so oft es geht, gut fühlen, oder? Das ist die Grundlage für das Lernen über positive Verstärkung.
In der Lerntheorie beschreibt man es so:
Der Hund zeigt ein Verhalten und danach kommt etwas hinzu, was bei ihm ein gutes Gefühl auslöst. Dadurch wird das Verhalten verstärkt.
Wer hätte es erwartet, aber das funktioniert bei jedem Hund. ?
Wenn du positive Verstärkung im Training einsetzen möchtest, solltest du die Bedürfnisse deines Hundes kennen. Werden Bedürfnisse befriedigt, fühlt sich der Hund gut.
Deine Belohnungen sollten das aktuelle Bedürfnis des Hundes befriedigen. Nur dann verstärkt eine Belohnung ein Verhalten.
Positive Verstärkung wird leider oft missverstanden als reine Arbeit über Futterbelohnung. Nahrungsaufnahme gehört zu den grundlegenden Bedürfnissen eines Hundes und sollte genutzt werden, aber du solltest im Training die anderen Bedürfnisse des Hundes nicht vernachlässigen.
Lesetipp: So lernt dein Hund
Woran du positive Verstärkung erkennst und was sie dir bringt:
Verstärktes Verhalten tritt in Zukunft
- öfter auf
- schneller auf
- intensiver auf
- länger auf
- bleibt unverändert bestehen
Du kannst damit jedes erwünschte Verhalten beim Hund erhalten, ausbauen, verlängern und intensivieren.
Lesetipp: 9 Dinge, die du über positive Verstärkung wissen musst – und die du jetzt vielleicht nicht erwartest
Welche großartigen Vorteile positive Verstärkung hat, erfährst du in den nächsten sechs Punkten
1. Grund – Kooperation statt Schwierigkeiten
Durch den Einsatz von befriedigenden Belohnungen hat dein Hund Erfolg. Erfolg motiviert dich und deinen Hund, so dass ihr beide besser arbeitet.
Durch das Beobachten des Hundes und das Kennenlernen seiner Bedürfnisse, kannst du die Motivation deines Hundes effektiv für dein Training nutzen.
Stell dir vor, dein Hund Willi liebt Pfützen und du erlaubst Willi, durch Pfützen zu rennen. Ihr kommt in die Nähe einer Pfütze. Der beste Zeitpunkt, um das Signal “Sitz” abzufragen. Sobald Willi sitzt, lässt du ihn als Belohnung durch seine geliebte Pfütze rennen.
Die Bedürfnisse des Tieres zu befriedigen, ist artgerechtes Training, denn die Suche nach Bedürfnisbefriedigung ist der Motor, der jedes Lebewesen antreibt.
Achtung! Es ist wichtig, dass kein anderes Lebewesen oder die Natur Schaden nimmt, wenn dein Hund seine Bedürfnisse befriedigt. Außerdem solltest du dafür auch keine Gesetze übertreten. ?
Sollten dir gerade die Ideen fehlen, welche Bedürfnisse dein Hund hat, dann beobachte ihn in eurem Alltag. Sammle deine Eindrücke und versuche, sie in dein Training als Belohnung zu integrieren.
2. Grund – Bindung statt Unsicherheit
Zu einem/-r Freund*in, Familienmitglied oder Partner*in wünschen wir uns eine tiefe und innige Bindung.
Bindung entsteht durch den Austausch von freundlichen Verhaltensweisen zwischen zwei Sozialpartner*innen.
Bindung benötigt Sicherheit und Vertrauen, das heißt, die Sozialpartner*in darf keine Bedrohung für die andere werden.
Bindung schafft die Grundlage für Neugier und ein gesundes Interesse an der Umwelt.
Genau diese Dinge wünsche ich mir für mich und meinen Hund. Ich hoffe, dir geht es genauso!?
Durch den Fokus auf positive Verstärkung im Training setzt du weniger (im besten Fall keine) Trainingstechniken ein, die deinen Hund hemmen und ängstigen. Durch positive Verstärkung wird beim Hund keine Angst oder Aggression ausgelöst. Du wirst für deinen Hund zu einem sicheren Hafen und nicht zu einem Risikofaktor.
Für Hunde stellt es eine große Herausforderung dar, mit unseren Launen umzugehen. Nicht zu wissen, was sie von ihrer Bezugsperson zu erwarten haben, löst großen Stress beim Hund aus, den er nicht bewältigen kann. Auf Dauer kann dieser Stress einen Hund krank machen.
Durch den Einsatz positiver Verstärkung kannst du eine gute Bindung zum Hund aufbauen und ihm damit bei der Stressbewältigung als sicherer Hafen helfen.
3. Grund – Spaß statt Zwist
Befriedigende Belohnungen im Training zu nutzen, schafft immer eine gute Stimmung – an beiden Enden der Leine. Du und dein Hund könnt gemeinsam Spaß haben. Dabei wird die Kreativität gesteigert.
Der Hund lernt, neue Strategien zur Problemlösung auszuprobieren, weil er sich gut fühlt. Die Hundehalter*in lernt, kreativere Belohnungsmöglichkeiten einzusetzen befreit sich damit von bestimmten Belohnungen. Handlungsfähigkeit fühlt sich für Mensch und Hund ausgezeichnet an.
4. Grund – Lebensqualität statt Verdruss
Unsere Haustiere habe generell wenig Einfluss auf Bedürfnisbefriedigung. Wir bestimmen den Lebensraum und füllen ihn aus mit Futter zu einer bestimmten Zeit, mit Hundekontakten, mit Spiel, mit bestimmten Regeln – aber in den meisten Fällen legen wir alles fest.
Wenn du dich ab heute mehr mit den Bedürfnissen deines Hundes auseinandersetzt, kannst du sofort seine Lebensqualität steigern.
Durch positive Verstärkung erhältst du einen anderen Blick auf die Welt. Du konzentrierst dich sofort auf die Erfolge und wartest nicht darauf, dass etwas schief geht. Dein Einfühlungsvermögen und deine Empathie gegenüber deinem Hund wachsen.
5. Grund – Zuverlässigkeit statt Misstrauen
Viele Hundehalter*innen pflegen Rituale im Alltag mit ihren Hunden. Bevor die ganze Familie ins Bett geht, bekommt der Hund ein Leckerlie. Ein sehr bekanntes Ritual – das Gute-Nacht-Schmankerl. Rituale spielen eine große Rolle, da sie dem Alltag einen Rahmen geben. Das schafft Sicherheit beim Hund.
Nicht nur Sicherheit spielt für den Hund eine bedeutende Rolle, sondern auch die Selbstwirksamkeit. Die Erfahrung, dass der Hund durch sein eigenes Handeln die Umwelt positiv beeinflussen kann und ihm etwas Gutes widerfährt, fühlt sich für den Hund großartig an. Diese Sache hast du schon oft bei Hunden beobachten können. Kennst du Hunde, die für ihr Leben gern suchen und sich durch nichts ablenken lassen? Die Suche allein löst beim Hund großartige Gefühle aus und ist damit selbstbelohnend.
Ausbilder*innen von Diabetikerwarnhunden nutzen diese Tatsache für ihre Arbeit. Die Anzeige der Unterzuckerung des Menschen wird über positive Verstärkung aufgebaut – nur ein Hund der Freude an seinem Job hat, wird auch zuverlässige Arbeit abliefern. Und noch besser – dieser Hund möchte arbeiten.
6. Grund – Nachhaltigkeit statt Tadel
Durch den Einsatz von positiver Verstärkung lernt dein Hund, was er in bestimmten Situationen an Verhalten zeigen soll. Durch Strafe erhält er im besten Fall nur die Information, was sich nicht lohnt.
Hunde lernen im Kontext. Sie verknüpfen die ganze Situation mit ihrer Wahrnehmung und mit deinen Kommandos und Signalen. Durch den Einsatz von positiver Verstärkung macht der Hund mit der Umwelt gute Erfahrungen und speichert diese ab. Es existiert kein leichterer Weg, Angst- und Aggressionsverhalten vorzubeugen.
Da du mit positiver Verstärkung gute Emotionen im Hund auslösen kannst, gehört sie immer zu den Trainingswerkzeugen bei der Arbeit an Angst- und Aggressionsverhalten.
Das Ziel einer Verhaltensveränderung sollte nicht sein, das Verhalten zu unterdrücken.
Ein größeres Gewicht fällt immer auf die Problemlösung – hat dein Hund keine Angst mehr vor Pferden, wird er sie auch nicht anbellen. Der Erfolg wird nicht von Dauer sein, wenn du versuchst das Bellen des Hundes durch unangenehme Strafen zu hemmen.
Durch den Einsatz von positiver Verstärkung wirst du unabhängiger, denn dein Hund wird auch auf größerer Distanz, ohne Leine und außerhalb deines Einflussbereichs erwünschtes Verhalten zeigen. Warum? Weil es sich für ihn lohnt und er Spaß dabei hat.
Fazit
Bei positiver Verstärkung tritt das verstärkte Verhalten immer mehr auf und das nicht verstärkte Verhalten wird weniger. Damit das funktioniert, muss die Belohnung ein Bedürfnis des Hundes befriedigen.
Ob das funktioniert hat, kannst du immer erst später feststellen – und zwar am Verhalten deines Hundes.
Durch den Einsatz von positiver Verstärkung gelangst du im Training auf Erfolgskurs, weil du lernst, Erfolge wahrzunehmen.
Du nutzt artgerechtes Training und setzt auf Bedürfnisbefriedigung. Dadurch verbessert sich deine Beobachtungsgabe.
Mehr Sicherheit und gegenseitiges Vertrauen schaffen eine innige Bindung zwischen dir und deinem Hund, denn du bist der sichere Hafen.
Das Training wird dir und deinem Hund mehr Spaß machen, was nicht nur dir mehr Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten schenken wird.
Du steigerst die Lebensqualität deines Hundes durch mehr Bedürfnisbefriedigung, eine tiefere Bindung und eine positive Grundhaltung ihm gegenüber.
Ein Verhalten, was oft belohnt wurde, zeigt der Hund gern und du kannst dieses als Belohnung einsetzen. Das motiviert den Hund noch mehr, das Verhalten zu zeigen.
Du löst beim Hund durch den Einsatz von angenehmen Belohnungen positive Emotionen aus. Allein dadurch kann er gute Erfahrungen in seiner Umwelt sammeln.
Was ist dein Hund für dich und nutzt du schon die Vorteile positiver Verstärkung?
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