So kannst du deinen Hund bei Gewitter beruhigen

von Ulrike Seumel

Gewitter sind gefährlich. Womöglich zittert dein Hund schon und versteckt sich, lange bevor dunkle Wolken aufziehen. Vielleicht wird er unruhig und sucht verzweifelt einen Ort, um sich vor dieser Naturgewalt zu verstecken. Vielleicht bellt er auch bei jedem Donner oder kann sich gar nicht mehr bewegen vor Angst. Und wenn das Gewitter schon längst vorbei ist, weigert er sich, rauszugehen.

So wie deinem Hund geht es auch vielen anderen Hunden. Oft wissen die Halter*innen nicht, wie sie ihren Hund bei Gewitter beruhigen können. Ich zeige dir heute, wie du deinem Hund helfen kannst, das Gewitter besser zu überstehen.

Warum so viele Hunde Angst vor Gewitter haben

Die Fähigkeit zu hören ist essentiell für unsere Hunde. Sie dient nicht nur der Kommunikation und dem Auffinden von Beute, sondern hilft unseren Hunden auch, Gefahren zu lokalisieren. Umso besser ein Hund hören kann und je schneller er auf ungewohnte Geräusche reagiert, umso höher ist seine Chance, zu überleben.

Es gibt ein paar angeborene Reize, auf die Hunde häufig mit Angst reagieren. Angst ist (über-)lebenswichtig, denn nur wenn das Gehirn Gefahren frühzeitig erkennt, kann der Körper entsprechend handeln und sich schützen.

Typische Reize, auf die Hunde genetisch bedingt mit Angst reagieren, sind:

  • Schmerzen
  • Starke Reize
  • Plötzliche Reize
  • Schnelle Bewegungen auf den Hund zu
  • Ungewohnte und fremde Reize

Ein typisches Gewitter tritt mit lautem und plötzlichem Donnern auf. Aufgrund der angeborenen Angstreize reagieren viele Hunde bereits beim ersten Gewitter ängstlich. Nach mehreren Erfahrungen mit Gewitter, haben Hunde häufig gelernt, dass sie in dieser Situation hilflos sind, weil sie ihrer Angst entsprechend des Gewitters nicht entkommen können. Damit festigt sich die Angst und die Situation wird mit jedem Mal unerträglicher für den Hund.

So kann sich dein Hund bei Gewitter beruhigen

Eine sehr gute Möglichkeit, Gewitter für deinen Hund erträglicher zu machen, ist der Aufbau einer Sicherheitszone. Das ist ein Ort, den dein Hund aktiv aufsuchen kann, wenn er sich nicht wohlfühlt. Leider können wir Hundehalter*innen nicht immer zuhause sein, wenn es gewittert. Deswegen ist die Sicherheitszone eine tolle Möglichkeit für deinen Hund, sich selbstständig zu entspannen. Er soll lernen, die Sicherheitszone aktiv aufzusuchen, wenn er sich unwohl fühlt. So kann dein Hund sich selber helfen, da er gelernt hat, sich in der Sicherheitszone zu entspannen.

Vielleicht hast du schonmal von der Komfortzone gehört. Die Komfortzone und die Sicherheitszone sind das gleiche. Mir gefällt nur der Begriff im Zusammenhang mit Angst besser.

Lesetipp: Wie du die Ängste deines Hundes besiegst

So baust du eine Sicherheitszone für Gewitter auf

Der erste Schritt im Aufbau der Sicherheitszone ist die Entscheidung, wo du die Sicherheitszone platzierst. Bei deiner Wahl solltest du berücksichtigen, welche Orte oder Plätze dein Hund bevorzugt, wenn er Angst hat. Beobachte, ob es einen Ort gibt, den er bei Gewitter aufsucht. Vielleicht sucht dein Hund diesen Ort auch auf, wenn er sich allgemein nicht wohl fühlt, wenn es zu laut ist oder seine Familie streitet.

Hunde wählen gern diese Orte:

  • unter/auf dem Bett
  • das Körbchen
  • das Bad
  • einen Schrank
  • eine Kiste
  • eine Abstellkammer

Die Sicherheitszone sollte ein Ort sein,:

  • der ein wenig schallgeschützt ist.
  • der immer für deinen Hund erreichbar ist.
  • der nicht von weiteren Familienmitgliedern gestört wird.
  • der nicht von weiteren Familienmitgliedern genutzt wird.

Wähle den passenden Ort für die Sicherheitszone, um deinen Hund bei Gewitter zu beruhigen

Besorge ihm am besten eine Hundebox. Die Box sollte groß genug für deinen Hund sein. Als Faustregel gilt, dass dein Hund bequem ausgestreckt darin liegen können und sich bequem drehen und aufrecht sitzen oder sogar stehen können sollte. Manche Hunde bevorzugen engere Boxen, da es ihnen gut tut, wenn sie viel Körperkontakt haben. Bei solchen Hunden ist die zusätzliche Verwendung von Thundershirts oft sehr effektiv.

Mach es deinem Hund gemütlich!

Am liebsten würde dein Hund gar nichts vom Gewitter mitbekommen. Deswegen verstecken sich einige Hunde gerne vor Gewitter. Du kannst deinem Hund helfen, indem du die Box schallisolierst. Achte aber darauf, dass die Luft noch gut zirkulieren kann. Wenn eine Box nicht infrage kommt, kannst du auch ein Hundebett nutzen. Außerdem sollte die Sicherheitszone immer erreichbar für deinen Hund sein. Auch wenn du nicht da bist.

So trainierst du, wenn dein Hund sich bei Gewitter versteckt

Wenn du dich für eine Hundebox entscheidest, oder für einen von deinem Hund gewählten Ort, der für dich schwer erreichbar ist (z. B. unter dem Bett oder bei einer sehr kleinen Box), solltest du eine gemütliche Decke hineinlegen. Die folgenden Übungen führst du dann auf der Decke aus und legst sie nach dem Training wieder zurück in die Sicherheitszone. Es sollte immer die gleiche Decke sein und diese sollte auch dauerhaft in der Sicherheitszone verbleiben.

So lernt dein Hund, sich in der Sicherheitszone zu entspannen

Um die Sicherheitszone noch wirksamer für deinen Hund zu machen, passieren ab jetzt viele schöne und entspannende Dinge in der Sicherheitszone:

Überrasche deinen Hund!

Verstecke öfter heimlich schmackhafte Dinge in der Sicherheitszone. Dein Hund lernt, dass die Sicherheitszone toll ist und er sich gut fühlt, wenn er sich dort aufhält. Das führt dazu, dass dein Hund diese in Zukunft öfter aufsuchen wird.

Massagen und Streicheleinheiten

Streichle oder massiere deinen Hund in seiner Sicherheitszone bzw. auf der Decke, die zur Sicherheitszone gehört. Falls deinem Hund Berührungen unangenehm sind, setzt euch gemeinsam auf die Decke oder in die Sicherheitszone und lass deinen Hund einfach nur neben dir liegen, während du liest oder dich anderweitig beschäftigst.

Futterspielzeuge und Kauartikel

Sollte dein Hund Futter lieben, gib ihm entspannende Kauartikel oder Futterspielzeuge zukünftig ausschließlich in seiner Sicherheitszone. Achte darauf, dass das Futterspielzeug nicht aufregend für deinen Hund ist. Futterbälle sind in der Zone tabu, da sich diese zu stark bewegen. Geeigneter sind Spielzeuge, aus denen der Hund sein Futter raus lecken muss. Denn Leckbewegungen haben eine beruhigende Wirkung auf viele Hunde. Wir empfehlen dir dazu die LICKIMAT.

Nutze dein Markersignal

Wenn dein Hund freiwillig seine Sicherheitszone aufsucht, fange dies mit deinem Markersignal ein und lobe deinen Hund mit einem ruhigen stimmlichen Lob.

Lesetipp: 3 Tipps für den richtigen Einsatz von stimmlichem Lob

Trainingsanleitung, mit der du deinen Hund bei Gewitter beruhigen kannst

Erstelle eine Geräuschliste

Schreibe dir eine Liste mit Geräuschen, auf die dein Hund ängstlich oder aufgeregt reagiert. Sicherlich gibt es Geräusche, die für deinen Hund schlimmer sind als andere. Deswegen solltest du nun die verschiedenen Geräuscharten (z. B. Sirenen, Regen, Gewitter, Autos, Feuerwerk, Actionfilme) nach Schwierigkeit für deinen Hund sortieren. Auch wenn es erst einmal ungewöhnlich klingt. Beginne dein Training mit den Geräuschen, die dem Gewitter nur ähnlich klingen. So kannst du dich gemeinsam mit deinem Hund an das Geräusch heranarbeiten, welches ihn am meisten ängstigt.

Im Training arbeitest du dich Schritt für Schritt an das Geräusch heran, welches Angst in deinem Hund auslöst. Deswegen ist es wichtig, dass du dir neben den angstauslösenden Geräuschen auch Geräusche suchst, die diesem ähnlich sind. Das können z. B. sein:

  • Gewitter: Regen, Urwaldgeräusche
  • Silvester: Kochgeräusche, Autorennen, Actionfilme

Neutrales Geräusch als Trainingseinstieg

Egal, welche Geräusche bei deinem Hund Angst auslösen, beginne das Training immer mit einem neutralen Geräusch. Gut eignet sich dafür Meeresrauschen mit Möwenlauten. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen ist das Meeresrauschen ein relativ neutrales Hintergrundgeräusch, welches mal lauter und mal leiser wird. Das Möwengeschrei tritt plötzlich und unerwartet auf, so lernt dein Hund, dass Geräusche plötzlich auftreten können, aber nicht schlimm sind. Solltest du einen sehr geräuschempfindlichen Hund haben, nutze am Anfang bitte nur Meeresrauschen.

Sobald du deine Liste fertig gestellt hast, suche dir Audioaufnahmen von den Geräuschen. Du wirst vieles davon auf den gängigen Musik- und Videoplattformen finden.

Bereite Kauartikel oder Futterspielzeug vor

Kauen und Lecken wirkt beruhigend auf deinen Hund. Neben Ochsenziemer und Rinderhaut zum Kauen, kannst du auch ein Futterspielzeug, z. B. einen Kong, mit etwas zum Schlecken befüllen. Achte darauf, dass sich das Futterspielzeug nicht zu sehr bewegt (wie z. B. Futterbälle). Dein Hund soll sich entspannt im Liegen mit seinem Futterspielzeug beschäftigen können.

Lesetipp: Was du deinem Hund zum Kauen anbieten kannst

Bleib möglichst unauffällig

Überlege dir, wie du dich selbst während des Trainings beschäftigst. Du solltest entspannt wirken und deinen Hund nicht anstarren. Trotzdem solltest du unauffällig ein Auge auf deinen Hund haben können.

Lesetipp: Lass mich nicht allein mit meiner Angst

Wähle passende Futterbelohnungen

Bereite Futterbelohnungen für deinen Hund vor. Diese sollten nicht zu hochwertig sein, damit dein Hund während des Trainings entspannt bleiben kann und nicht zu fixiert auf das Futter ist.

Es wird Zeit für deine erste Trainingseinheit

Gehe Schritt für Schritt nach dieser Anleitung vor:

  1. Gib deinem Hund den Kauartikel in der Sicherheitszone.
  2. Starte einen Timer mit fünf Minuten.
  3. Spiele das neutrale Geräusch so leise wie möglich ab.
  4. Wenn dein Hund aufschaut oder mit den Ohren zuckt, gib dein Markersignal und lobe ihn mit ruhiger Stimme oder gib ihm ein Futterstück in seiner Sicherheitszone.
  5. Sobald die fünf Minuten um sind, schaltest du das Geräusch ab.

Wenn dein Hund sich im Training erschrickt

Sollte sich dein Hund vor dem Geräusch erschrecken, Angst zeigen oder anfangen, zu bellen, schalte das Geräusch sofort ab. Entweder es war bereits zu laut oder zu ängstigend für deinen Hund. Nun solltest du deinem Hund ein paar Tage Pause geben und entweder die Lautstärke reduzieren oder nochmal einen Schritt zurück auf deiner Geräuschliste gehen.

Dein nächster Schritt im Training

Wenn dein Hund während der Geräusche entspannt in seiner Sicherheitszone bleibt, kannst du in der nächsten Trainingseinheit das Geräusch ein wenig lauter stellen. Bis du nach mehreren Trainingseinheiten bei Zimmerlautstärke angelangt bist. Danach gehst du zum nächsten Geräusch deiner Geräuschliste über.

Arbeite dich langsam durch deine Liste. Trainiere nie länger als fünf Minuten. Du kannst täglich trainieren, aber gib dir und deinem Hund auch einmal pro Woche eine Pause, in der ihr nicht trainiert und gemeinsam etwas Schönes unternehmt.

So kannst du deinen Hund zusätzlich bei Gewitter unterstützen

Konditionierte Entspannung

Du kannst zusätzlich Entspannungssignale aufbauen. Diese können dir auch in vielen anderen Situationen mit deinem Hund helfen.

Lesetipp: Wie du Entspannungssignale bei deinem Hund aufbauen und einsetzen kannst

Außerdem kannst du einen Relaxodog oder einen Entspannungsduft nutzen. Präsentiere dazu den Duft oder den Relaxodog während dein Hund gerade entspannt liegt. Nach einer Weile wird er diese Reize mit Entspannung verknüpfen.

Lesetipp: Düfte und andere Dinge zur Entspannung beim Hund

Thundershirt/ Körperbänder

Auch diese Hilfsmittel können sehr nützlich sein. Allerdings nur, wenn sie vorher mit dem Hund geübt wurden und er sie kennt. Vor allem den Klettverschluss des Thundershirts sollte dein Hund vorher kennenlernen, damit er sich nicht davor erschrickt.

Trösten

Trösten oder auch Social Support ist definitiv erlaubt! Häufig wird gesagt, dass du die Angst deines Hundes ignorieren solltest. Dabei kannst du die Situation für ihn wesentlich erträglicher machen, wenn du für ihn da bist. Überlege, was deinem Hund gut tut. Wenn er gern kuschelt, dann tu das ruhig. Vielleicht möchte er auch einfach nur neben dir liegen.

Es ist in Ordnung, deinen Hund zu trösten, wenn er Angst hat oder wenn du ihn bei Gewitter beruhigen musst.

Lesetipp: Fünf Mythen über Geräuschangst bei Hunden

Nun liegt es an dir! Gehe die Anleitung Schritt für Schritt gemeinsam mit deinem Hund durch und lass dir Zeit. Solltest du dir Unterstützung beim Training der Gewitterangst deines Hundes wünschen, begleiten wir dich gern in unserem 1:1 Kompakttraining bei Dog It Right.

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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