4 Gründe, warum dein Hund kein Futter nehmen kann und was du dagegen tun kannst

von Ulrike Seumel

Du hast den Käse und die Wiener vor dem Spaziergang fein säuberlich geschnitten und dir in den Leckerliebeutel gepackt. Zu Hause konnte es dein Hund kaum erwarten, ein Stück Käse oder Wiener abzustauben und draußen kannst du ihm die Stücke vor die Nase werfen und er würdigt sie keines Blickes.

Jedes Mal, wenn du ihm ein Leckerlie anbietest, dreht sich dein Hund weg und zieht Gedanken verloren weiter.

Ich beantworte dir heute, warum dein Hund zu Hause frisst, aber draußen keine Leckerlies nehmen kann. Und nenne dir vier Gründe für sein Verhalten und was du dagegen tun kannst.

Wenn dein Hund generell sehr schlecht oder gar nicht frisst, solltest du unbedingt körperliche Ursachen mit Hilfe deiner Tierärzt*in ausschließen. Schluck- und Kaustörungen und auch Magenschmerzen können den Appetit zügeln und Fressen unmöglich machen. Außerdem kann jede andere Erkrankung, bei der sich dein Hund schlecht fühlt, sein Fressverhalten stören – deshalb solltest du in so einem Fall unbedingt deine Tierärzt*in aufsuchen und mit der Hundetrainer*in deines Vertrauens darüber sprechen.

1. Grund: Angst, Stress und Aggression

Dein Hund ist gar nicht in der Lage zu fressen, weil sein Stresslevel so hoch ist, dass sein Körper zur Nahrungsaufnahme gar nicht in der Lage ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass ein hungriger Hund, der Futter nimmt, keinen Stress haben kann – aber viele Hunde sind im gestressten Zustand nicht in der Lage, Futter zu nehmen. Viele intakte Rüden können kein Futter nehmen, wenn sie auf der Spur einer läufigen Hündin laufen oder sich in der Nähe einer läufigen Hündin befinden. Das Stresslevel des Rüden steigt stark an und er hat außerdem eine starke Ablenkung vor der Nase.

Lesetipp: 3 Dinge, an denen du Stress bei deinem Hund erkennst

Auch wenn dein Hund ängstlich oder aggressiv gestimmt ist, möchte er nicht fressen. Er hat in solchen Momenten wichtige Entscheidungen zu treffen und will flüchten oder vertreiben und er ist auch zusätzlich gestresst. Da ist im Kopf des Hundes kein Platz für Nahrungsaufnahme. Der Hund reagiert auf eine Gefahr, zumindest nimmt er etwas als Gefahr wahr und Sicherheit ist wichtiger als Futter. Fressen kann man ja nur im lebendigen Zustand. ? Wenn dein Hund kein Futter nehmen kann, achte auf Anzeichen von Stress, Angst- oder Aggressionsverhalten und welche Auslöser daran schuld sind. Wenn du an den Auslösern arbeitest und dein Hund diese bewältigen kann, wird er auch in diesen Situationen problemlos Futterbelohnungen annehmen können.

Du darfst deinem Hund Futterbelohnungen natürlich immer anbieten, aber sei nicht enttäuscht, wenn er sie nicht nimmt. Dränge Futterbelohnungen deinem Hund bitte nicht auf, das macht sie für ihn nur noch unattraktiver.

2. Grund: Die Umwelt ist viel spannender!

Wie schon erwähnt – eine läufige Hündin ist für viele intakte Rüden interessanter als ein Stück Käse. Und viele Hunde haben draußen mehr Interesse an der Umwelt als an Futterbelohnungen von ihrem Menschen. Umwelterkundung ist diesen Hunden wichtiger und sie wollen schnüffeln, buddeln, laufen oder Kontakt zu Artgenossen.

Lesetipp: Wie du lernst, die Bedürfnisse deines Hundes zu nutzen

Auch Jagd- und Hüteverhalten hat bei vielen Hunden nichts mehr mit Nahrungsaufnahme zu tun, sondern allein das Jagen und Hüten fühlt sich für diese Hunde selbstbelohnend an. Das Ziel ist dabei nicht bei jedem Hund Töten und Fressen. Diese Hunde wollen “nur” das Wild beobachten, beschleichen und hetzen. Ein alter Keks aus der Tasche des Menschen kann das Bedürfnis des Hundes nicht ersetzen.

Wichtig ist, dabei zu unterscheiden, warum dein Hund so viel Umwelterkundung zeigt. Schaut sich dein Hund draußen immer wieder angespannt um und beobachtet jede kleine Bewegung, ist sein Bedürfnis nach Sicherheit Schuld. Er muss sich vergewissern, ob er sicher ist und hat Angst. Oder er schaut sich um und sucht nach jagdlichen Auslösern, Schnüffelstellen oder nach Artgenossen. Ob dein Hund Angst hat oder Spaß an Umwelterkundung findest du heraus, in dem du die Köpersprache deines Hundes beobachtest.

Möchte dein Hund die Umwelt erkunden und hat Spaß daran, solltest du das Erkunden der Umwelt in all seinen Facetten als Belohnungsmöglichkeiten mit in dein Programm aufnehmen.

Lesetipp: Welche Belohnungen du für ein erfolgreiches Training brauchst

Futter aus deiner Tasche kann nur schwer komplett das Abschnüffeln einer interessanten Spur, die Beobachtung von Wild und Kontakt zu Artgenossen ersetzen. Solange dein Hund noch nicht zuverlässig abrufbar ist, wenn er Umwelt erkundet, empfehle ich dir eine Schleppleine an einem gut sitzenden Brustgeschirr. Und bitte nutze nur Verhalten als Belohnung, was deinem Hund und der Umwelt nicht schadet.

Belohnungen aufwerten – so geht’s!

Außerdem kannst du Futterbelohnungen und auch andere nicht so beliebte Belohnungen aufwerten, in dem du dir die Lerntheorie zu Nutze machst. Mit Hilfe von klassischer Konditionierung kannst du minderwertige Belohnungen aufwerten und mit tollen Emotionen verknüpfen. Das kannst du sehr leicht in deinen Alltag integrieren und damit Futterbelohnungen für deinen Hund wichtiger machen.

Du musst die minderwertige Belohnung einfach vor einer besseren Belohnung geben.

Zwischen den beiden Belohnungen solltest du dir ein bis maximal drei Sekunden Zeit lassen und die hochwertige Belohnung darf für den Hund noch nicht sichtbar oder offensichtlich sein.

Hier ein Beispiel für dich:

Du fragst bei deinem Hund ein Sitz ab. Er setzt sich hin und du gibst sein Markersignal, darauf bekommt er ein Stück Futter angeboten und danach leinst du ihn ab und er kann in den Freilauf. Es spielt keine Rolle, ob dein Hund das Futter frisst oder nicht. Du bietest es ihm an und 1-3 Sekunden später folgt die ihm wichtigere Belohnung.

Weitere Möglichkeiten:

  • Futter zeigen – danach zum Hundekumpel schicken
  • Futter zeigen – danach mit dem Hund zum Maulwurfshügel gehen und buddeln lassen
  • Futter zeigen – danach mit dem Hund an der Leine über den Wildwechsel laufen
  • Futter zeigen – danach aus dem Auto aussteigen und flitzen lassen

Wenn der Hund das Futter essen will, darf er das natürlich auch!

3. Grund: Welchen Einfluss deine Körpersprache hat

Ich habe es schon sehr oft erlebt, dass sensible Hunde kein Futter aus der Hand nehmen wollen. Meist haben sie kein Problem mit Händen, aber sie werden angestarrt und der Mensch beugt sich zu ihnen runter.

Du kannst bei deinem Hund eine deeskalierende Körpersprache bei der Gabe von Futterbelohnungen einnehmen. Stell dich seitlich und verlagere deinen Körperschwerpunkt weg vom Hund und biete ihm dann das Futter an. Wenn er das Futter nehmen konnte, gehst du einen Schritt vom Hund weg und lässt ihm etwas mehr Raum. Das empfindet jeder Hund als angenehm. Achte ab heute mehr auf deine Körpersprache und trainiere dich darin, sie bewusst wahrzunehmen und dich deinem Hund anzupassen. Dein Hund wird es lieben, wenn du ihn mit deiner Körpersprache einlädst.

Welche Fehler du beim Belohnen noch vermeiden solltest, findest du hier.

4. Grund: Nicht das passende Leckerlie!

Vielleicht ist dein Hund einfach kein Fan von Wiener und Käse. Er mag lieber altes Brot oder Möhrenstücke. Generell kannst du alles einsetzen, was dein Hund mag und was er verträgt. Giftig sollten Futterbelohnungen natürlich nicht sein.

Probiere einfach aus, was deinem Hund schmeckt und reserviere dir die Highlights für eure Spaziergänge. Das Leberwurstbrot gibt es nicht mehr am Tisch, sondern es wird in den Leckerliebeutel gepackt und mit nach draußen genommen. Wenn du viele verschiedene Belohnungen für deinen Hund nutzt, brauchst du sowieso keine großen Mengen an Futterbelohnungen und musst keine Angst vor Gewichtszunahme haben.

Außerdem kannst du ausprobieren, ob dein Hund schnell geworfenes Futter lieber mag als aus der Hand oder ob er es lieber aus der Baumrinde fummelt.

Lesetipp: Welche Belohnungen du für ein erfolgreiches Training brauchst

Was du unbedingt lassen solltest!

1. No Go: Hunger

Natürlich wird ein hungriger Hund dir das Futter draußen aus der Hand reißen, wenn du ihn lange genug Hungern lässt – aber fühlt sich das für dich gut an? Hunger ist kein guter Begleiter für das Lernen. Dein Hund ist gestresst und seinem Gehirn fehlt Energie. Deshalb lass deinen Hund nicht hungern, sondern gehe die vier Gründe durch und überlege, warum dein Hund draußen kein Futter nehmen kann.

Auch vor dem Training darfst du deinen Hund füttern. Er sollte danach genügend Zeit zum Verdauen haben und wenn du Futter im Training als Belohnung nutzen willst, musst du die Menge von seiner Futterration abziehen.

2. No Go: Reine Handfütterung

Du machst deinen Hund abhängig – von dir und deiner Hand. Natürlich wird dein Hund viel mehr darauf achten, wo du bist. Nur leider hat das oft seinen Preis. Viele Hunde verteidigen aufgrund von Handfütterung ihren Menschen als Ressource und manche Hunde bekommen Trennungsstress. Auch in dem Fall ist es besser, die Ursache für das Verweigern von Futterbelohnungen zu suchen, andere Belohnungen zu nutzen und mit dem Hund daran zu arbeiten.

Mehr von uns zum Thema Training & Belohnungen findest du hier:

Endlich Gassi gehen ohne Gebell – 3 Tricks, mit denen ihr sofort stressfrei an anderen Hunden vorbei kommt.

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Über die Autor*in

Ulrike Seumel

Ulrike Seumel ist Trainerin für Menschen mit Hund, Coach, Autorin und Gründerin von Dog It Right.

Mit Dog It Right begleitet sie Menschen und ihre Hund auf dem Weg zu einem glücklichen und unbeschwerten Leben.

Ihr Team und sie trainieren Hundehalter*innen, damit diese wissen, wie sie mit ihrem Hund umgehen. Die Menschen sollen Probleme erkennen, verstehen und lösen können. Dabei trainieren sie immer mit den Bedürfnissen und Stärken von Mensch und Hund.

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Du lernst im Video-Training unsere Techniken, um die Körpersprache von Hunden schnell zu entschlüsseln – egal, um welchen Hundetyp oder Hunderasse es sich handelt.

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Markertraining vereint den wertschätzenden Umgang mit Hunden und ein durchdachtes Hundetraining. Du erfährst, wie die Arbeit mit Markersignalen funktioniert und wie man sie im Alltag mit Hunden anwendet. Schwerpunkt des Trainings ist es, das tolle Verhalten des Hundes zu fördern und unerwünschtes Verhalten nachhaltig zu verändern – alles ohne Schreckreize und Druck.

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