Du hast es ja in meinen Artikeln schon mehrfach gelesen, Belohnungen sollten ein Bedürfnis bei deinem Hund befriedigen, nur dann werden sie auch Verhalten verstärken.
Letzte Woche habe ich dir in meinem Artikel Wie du lernst, die Bedürfnisse deines Hundes zu nutzen dazu geraten, dir aufzuschreiben, welche Verhaltensweisen dein Hund gern und oft zeigt, damit du diese als Belohnungen nutzen kannst.
Aber ich weiß, dass es gar nicht so leicht ist, die notierten Dingen auch gezielt einzusetzen. Wie soll ich denn meinem Hund zeigen, was er gerade machen darf und was ist, wenn er es nicht macht? Und außerdem hast du sicher auch Dinge notiert, die dein Hund gern macht, die du aber nicht willst oder Dinge, die anderen oder der Umwelt schaden.
So habe ich bei meinen Hunden das Hetzen als Belohnung genutzt
Paco hat mächtig Spaß am Hetzen von Rehen und Eichhörnchen, aber ich kann ihn das nicht machen lassen. Es ist nicht nur verboten, sondern stresst die Wildtiere enorm. Und trotzdem ist das etwas, was Paco super findet und wo er schlecht ansprechbar sein wird, wenn ich dieses Bedürfnis, zu hetzen, nicht befriedigen kann. (Klar, ich kann den Hund auch stets an der Schleppleine lassen, aber er wird trotzdem versuchen, sein Bedürfnis zu befriedigen.) Mein Ziel ist, dass Paco am Wild abrufbar ist und dass er stehen und nur gucken kann, wenn sich Wild bewegt.
Nur mit Lob, Futter und Spiel bin ich in diesen Fällen nicht weit gekommen mit Paco. Die Motivation deines Hundes ist nicht immer gleich. Sie verändert sich und das Leben deines Hundes dreht sich sicher nicht nur um diese drei Dinge, zumindest dann nicht mehr, wenn er das Reh laufen sieht.
Hunde suchen nach Bedürfnisbefriedigung wie jedes andere Lebewesen auch, das kannst du für dein Training nutzen und verschiedene Belohnungen finden und einsetzen.
Welche Belohnungen du nutzen kannst
Kühles Nass
Hat dein Hund Durst, weil du schon ein Weilchen mit ihm trainierst oder weil es doch wärmer ist, als du erwartet hast, kannst du den Zugang zu Wasser als Belohnung einsetzen.
In der Wohnung sollte Wasser deinem Hund immer zur Verfügung stehen und du solltest ihm Wasser auch niemals entziehen, damit du ihn damit belohnen kannst. Wenn du aber eh Wasser für ihn dabei hast, kannst du die letzte Übung mit Trinken belohnen – wenn du für ihn sowieso die Wasserflasche auspacken wolltest.
Außerdem kannst du auch Quark oder andere leckere Flüssigkeiten in Futtertuben oder dem Schleckerchen deinem Hund anbieten – an heißen Sommertagen kommt das bei deinem Hund sicher besser an als Trockenfutter.
Der Zugang zu einem Bach oder einem See ist für einige Hunde im Sommer nicht nur eine tolle Abkühlung, viele Hunde haben Spaß am Schwimmen und am Rennen durch das Wasser – auch das kannst du für deinen Hund nutzen. Ist dein Hund wasserscheu, gehört es nicht in deine Belohnungskiste.
Tausend Möglichkeiten mit Futter
Hunde haben Hunger, manche immer und andere werden sogar satt. Futter ist und bleibt Belohnung Nummer eins für viele Hunde und auch Hundehalter*innen, denn du kannst es fast immer und überall einsetzen. Einzige Bedingung: Du musst es dabei haben.
Außerdem kannst du mit Hilfe von Futter viele Bedürfnisse befriedigen, die dein Hund hat:
- Futter werfen – dein Hund kann etwas hetzen
- Futter verpacken – dein Hund kann etwas zerfetzen und schütteln
- Futter ins Wasser werfen – dein Hund kann ins Wasser gehen, er kann sich abkühlen und trinken
- Futter beobachten lassen und dann wegwerfen – dein Hund kann etwas belauern und dann hetzen
- Futter in Mäuselöcher stecken – dein Hund kann etwas ausbuddeln und stöbern
- Futter suchen lassen – dein Hund kann seine Nase einsetzen
- Futter in die Baumrinde stecken – dein Hund kann klettern, seine Nase einsetzen und die Spuren der Eichhörnchen verfolgen ?
- Futter in Form von Kauartikeln – dein Hund kann etwas kauen und schlucken
- Futter in Intelligenzspielzeugen – dein Hund kann seine Pfoten und seine Nase einsetzen
Kuscheln, Knuddeln und Co.
Sucht dein Hund deine Nähe, möchte angefasst werden oder ist einfach müde, kannst du als Belohnung Entspannung und Kontakt zu dir einsetzen. Natürlich solltest du das Training beenden, wenn du merkst, dass dein Hund müde ist, damit er seine Reserven wieder aufladen kann.
Ob dein Hund gestreichelt werden oder lieber nur neben dir liegen möchte, ist individuell. Beobachte deinen Hund und nimm wahr, was deinem Hund gut tut. Achte dabei auf deine Körpersprache und lade deinen Hund zu dir ein. Frontal auf den Kopf getatscht oder geküsst zu werden, mögen die wenigstens Hunde.
Dein Hund möchte gern Kontakt zu anderen Artgenossen oder Menschen?
Um Verhalten zu belohnen, kannst du diesen Kontakt zulassen – aber dein Gegenüber, egal ob Mensch oder Hund, sollte damit einverstanden sein. Dein Hund sieht zum Beispiel einen Artgenossen, zu dem er hingehen möchte. Du wartest, bis er dich anschaut oder sprichst ihn an. Wenn er zu dir guckt, gibst du ihm sein Markersignal und schickst ihn zu dem anderen Hund als Belohnung.
Lesetipp: Der Grund, warum du mit Markersignalen besser trainierst
Die Umwelt nutzen
Wenn kein direkter Kontakt möglich ist, kannst du deinen Hund auch dort schnüffeln lassen, wo der andere Hund vorher war oder die Distanz zum anderen Hund oder Menschen verringern. Wenn du die Distanz verringern willst, sollte dein Hund gelernt haben, mit dir gemeinsam an lockerer Leine zu laufen, damit deine Belohnung nicht mit Ziehen und in-die-Leine-rennen von deinem Hund endet.
Interaktion
Außerdem kannst du in diesem Fall alle sozialen Verstärker einsetzen, die du hast. Das bedeutet, mit deinem Hund spielen, freundlich interagieren, mit der Stimme loben, streicheln (wenn er gern von fremden Leuten gestreichelt wird) oder auch füttern.
Loben
Ja, bitte vergiss das stimmliche Lob nicht. Auch wenn dein Hund keinen Freudentanz aufführt, wenn du mit ihm redest. Von dir ernst gemeintes stimmliches Lob kommt gut bei deinem Hund an. Du musst natürlich nicht quietschen und deinem Hund mit Fistelstimme erzählen, wie toll er ist. Sprich in deiner Tonlage – du musst dich dabei wohlfühlen. Hohes und schnelles Lob aktiviert deinen Hund und ein dunkles und langsam gesprochenes Lob bringt mehr Ruhe in die Situation und ist trotzdem freundlich.
Lesetipp: 3 Tipps für den richtigen Einsatz von stimmlichem Lob
Spielen, spielen, spielen
Auch Spiel sollte nicht fehlen. Spielt dein Hund überhaupt und wenn ja, wie? Stöcke zu dir tragen, ist für dich vielleicht toll – aber für deinen Hund die langweiligste Aufgabe der Welt. Die Belohnung sollte deinem Hund Spaß machen, also wähle Spiele, die deinem Hund gefallen.
Dein Hund erkundet gern die Umwelt?
Dein Hund ist gern unterwegs und entdeckt draußen alles Mögliche, nur hat das wenig mit dir zu tun. Kein Problem, auch dieses Verhalten kannst du als Belohnung nutzen. Im besten Fall setzt du solches Verhalten als Belohnung ein, wenn er mit dir kooperiert hat. Dein Hund lernt dabei, dass sich Kooperation mit dir lohnt und dass sie Spaß macht.
Die einfachste Möglichkeit ist, dass du deinen Hund als Belohnung mit einer Freigabe oder einem Lauf-Signal wieder losschickst. Dann kann er seinen Tätigkeiten nachgehen.
Du kannst aber auch Verhaltensweisen wie Schnüffeln, Buddeln oder über-die-Wiese-Flitzen unter ein Signal stellen, damit du deinem Hund genau sagen kannst, welche Belohnung für ihn folgt und was er tun kann. Ja “kann”, denn du zwingst deinen Hund niemals zu einer Belohnung. Die Belohnung ist ein Angebot und wenn dein Hund keine Lust auf Schnüffeln hat, dann ist das eben so.
Wenn du öfter hintereinander mit deiner Einschätzung danebenliegst, welche Belohnung gerade passend wäre, dann beobachte deinen Hund für sieben Tage und notiere dir kurze Infos zu seiner Körpersprache beim Schnüffeln, Hunde begrüßen, Mäuselöcher suchen und andere Situationen, in denen dein Hund seine Bedürfnisse auslebt.
Dein Hund möchte hüten, aber keine Schafe zur Hand?
Nein, du lässt deinen Hund bitte sein Hüteverhalten nicht an Schafen ausleben, außer dein Hund hütet wie ein Profi seine bzw. deine eigene Herde.
Zeigt dein Hund gern Hüteverhalten, kannst du ihn belohnen, indem er Bewegungen mit den Augen verfolgen kann. Er lernt, stehenzubleiben und “nur” zu gucken, z.B. in Form von einem Lauerspiel mit Futter oder Spielzeug. Oder er lernt, dich zu beobachten, wenn du langsam von ihm weggehst. Hüteverhalten ist wie auch Jagen stark genetisch verankert und fühlt sich für den Hund einfach klasse an. Deswegen wird es deinem Hund sehr schwer fallen dieses Verhalten einfach abzulegen.
Dein Hund zeigt Jagdverhalten
Auch bei Jagdverhalten findest du passende Belohnungen. Du musst aber wissen, welche Teile des Jagdverhaltens deinem Hund besonders wichtig sind.
- Wildtiere oder Ersatzbeute mit den Augen verfolgen (ja, auch Wildtiere darf er beobachten, denn das tut diesen Tieren nicht weh)
- Ersatzbeute hetzen (Spielzeug, Futter, Fellstücke oder eine Reizangel können für den Hund geworfen werden)
- Ersatzbeute suchen (Suchaufgaben mit Futter, trainierten Gegenständen oder Gerüchen, Spielzeug)
- Mit dir an der Leine Spuren verfolgen (wenn es möglich und für alle ungefährlich ist, kannst du mit deinem Hund an der Leine eine Spur verfolgen)
- Ersatzbeute fangen
- Ersatzbeute zerlegen
- Ersatzbeute fressen
Natürlich braucht nicht jeder Hund alle hier beschriebenen Belohnungen. Du solltest dir die für deinen Hund wichtigsten raussuchen und mit diesen beginnen. Und wenn du Lust hast, kannst du nach und nach immer mehr Belohnungen in dein Repertoire aufnehmen.
Fazit
Du brauchst Belohnungen, die zu deinem Hund und dir passen und die in erster Linie die Bedürfnisse deines Hundes befriedigen.
Dabei musst du Prioritäten setzen – was ist deinem individuellen Hund wichtig? Denn von Null auf Hundert 50 neue Belohnungen in sein Training zu integrieren, habe ich nicht geschafft. Schritt für Schritt habe ich neue Belohnungen aufgebaut und mich an den Einsatz von verschiedenen Belohnungen gewöhnt.
Was du ab heute aber sofort tun kannst – variiere bei der Gabe von Futterbelohnungen und gib nicht jedes Futterbröckchen aus der Hand.